Thuringer Anzeiger
Birgit Kummer

Auf der Suche nach Wind

30. sep 1994

Herman van Veen sang und faszinierte in Gera .

Als er mit versteinertem Gesicht und schmerzverzerrtem Mund der Rose den Kopf ab-schnitt, da hielt der Saal den Atem an.



Diese Szene, erzählte er nach dem Konzert, koste ihn jedesmal eine unheimliche Kraft. Sie folgt auf das Lied „Messerschnitt“ über Rechtsradikale. Und danach singe er „Ich lieb dich nicht.“

Herman van Veon war vorgestern und gestern in Gera, zum erstenmal in seinem 49jährigen Leben. Mit neuen Tönen, um schon vertraute Lieder geschlungen. Mit neuen Geschichten von „Rosa, die ich nie finden werde" und mit Liedern vom Wind. Mit neuen Fragen, Zweifeln, Wut und Lust. Er sang von Aids, von Ausgrenzung, von Einsamkeit - und von Liebe, von Freundschaft und seinen Wünschen. Der holländische Sänger, Dichter und Pantomime ist derzeit vor vollen Häusern auf Mammuttournee quer durch Europa.

In Gera blieben leider beim ersten Auftritt einige Stühle leer. Kaum Werbung, kaum Plakate in der Stadt, kritisierten viele Konzertbesucher die PR-Arbeit der Stadthalle.

„Macht nichts, ich würde auch für zwanzig Leute singen“, meinte van Veen - und ging mit dem begeisterten Publikum auf die Suche nach dem Wind.



Birgit Kummer