Lohrer Echo
Martin Schwarzkopf

Lyrischer Niederländer

8. nov 1994

Aschaffenburg. »Die Bühne, das ist mein Leben«. Herman van Veen weiß, daß es im modernen Musikgeschäft nicht ohne Plattenaufnahmen geht. Seine ganze Liebe gehört aber der Live-Musik. »Ich habe mich immer als Live-Künstler verstanden. Ich versuche, meinem Publikum all das zurückzugeben, was es mir schon gegeben hat.« Am Mittwoch und Donnerstag gastiert van Veen mit seinem aktuellen Programm in der Aschaffenburger Stadthalle.


Herman van Veen nennt einen praktischen Grund, warüm das Publikum seine Konzerte besucht: »Die Leute wollen einen Abend mal ganz ohne Werbung erleben«, spielt er ganz offen auf die Überflutung durch private Fernsehsender an.

Er verspricht, daß sie ihr Kommen nicht bereuen müssen: »Nur wenn mir ein Konzert gelingt, bin ich selbst glücklich. Entsprechend engagiere ich mich auch auf der Bühne. Ich bin sicher, daß das Publikum gemeinsam mit uns einen ganz tollen Abend erleben kann.«

Der lyrische Niederländer, der am 14. März 1945 in Utrecht geboren wurde, ist Musiker mit Leib und Seele: In seiner Heimatstadt Utrecht studierte van Veen am Konservatorium Gesang, Geige und Musikpädagogik. Seine fundierte Ausbildung ist seinem aktuellen Schaffen ständig anzumerken. Bedingungslose Qualität - ohne Wenn und Aber - das ist van Veens Markenzeichen.

Während seines Studiums entdeckte er seine künstlerischen Vorlieben: »Meine musikalischen Wurzeln liegen in der sogenannten Periode der Niederländer im Mittelalter.« Damals zogen diese holländischen Musiker als »singende Reporter« quer durch Europa, beschäftigten sich mit aktuellen und zeitlosen Themen und fanden immer ein großes Publikum.

»Eigentlich mache ich seit 25 Jahren nichts anderes. Auch für mich sind aktuelle Bezüge in meinen Texten ganz wichtig, gleichzeitig versuche ich diese Inhalte unterhaltsam zu verpacken.« Van Veen betont, daß er sich als politischer Künstler versteht, gleichzeititg sagt er aber auch: »Ich mache keine Politik im Sinne von Parteien. Mir kommt es nur auf die Sache an.«Für van Veen ist es daher nur konsequent, daß er sich auch sozial engagiert.
»Ich kann mit meiner Musik nicht nur Kritik üben, für mich entsteht auch gleichzeitig die Verpflichtung, selbst etwas zu tun«. Über 25 Jahre war er Goodwill-Botschafter für die Kinderhilfsorganisation UNICEF. Gleichzeitig ist er Mitbegründer der Stiftung Colombine, die Gesund-heits- und Umweltprojekte in Europa und den Entwicklungsländern unterstützt.

Van Veen weist auf eine allgemeine gesellschaftliche Verantwortung hin: »Jeder muß sich darüber im klaren sein, daß er selbst großen Anteil am Bild seiner Gesellschaft hat. Jeder kann einen Beitrag dafür leisten, daß diese Welt für alle Menschen lebenswerter wird.«

Der Musiker weiß aber auch, daß das eine Frage der ganz persönlichen Einstellung ist: »Ich kann natürlich von niemandem erwarten, daß er das gleiche tut wie ich. Aber ich möchte ein Beispiel geben. Ich finde sehr viel Glück in meiner sozialen Arbeit, die mir auch für meine künstlerische Arbeit sehr viel Energie bringt.«

Der Sänger ist seit mehr als zwei Jahrzehnten im Geschäft. Bereits 1973 veröffentlichte er in Deutschland seine erste Platte. Seither tourt er durch Europa. In unzähligen Live-Konzerten hat er bewiesen, daß er ein engagierter Musiker ist.

ü Trotzdem hat er immer noch Spaß und ist kein bißchen müde: »Ich freue mich auf jedes einzelne Konzert. Die Spannung ist immer noch die gleiche, und ich bin jedesmal wieder glücklich, wenn ich die Erwartungen meines Publikums erfüllen konnte.«



Martin Schwarzkopf