NV schrieb am 30.01.2006 in der Wilhelmshavener Zeitung


,, . . . dann tragen mich die Zuschauer"


INTERVIEW Herman van Veen über Zuhause, Arbeit, Singen und Projekte


WILHELMSHAVEN/NV
Herman van Veen war in der Stadt, und bekanntlich werfen große Stars ihre Schatten voraus. Bei ihm sind es eher Erinnerungen und Stimmungen, die man mit seinen Liedern und der mächtigen Stimme in Verbindung bringt. Vor seinem Gastspiel am Freitagabend in der Wilhelmshavener Stadthalle gab der niederländische Sänger, Schriftsteller, Liedertexter und Komponist der "Wilhelmshavener Zeitung" ein Interview. Ohne Star Allüren stellte er sich vor: "Hallo, ich bin Herman!"


WZ: Herman van Veen, wie geht es Ihnen wenige Stunden vor Ihrem Auftritt in der Wilhelmshavener Stadthalle? Jeden Tag in einer anderen Stadt, jeden Abend drei Stunden auf der Bühne, sind Sie nicht schrecklich müde?
(Van Veen zieht die Schuhe aus, stellt zwei Stühle zusammen, legt die langen Beine hoch und macht es sich sichtlich bequem.)
VAN VEEN: Nein, das ist keine Mühe und keine Arbeit. Die Musik und das Singen sind für mich wie Sauerstoff, das ist mein Leben. Ich fühle mich gut dabei und freue mich schon auf unseren heutigen Auftritt. Jedes Gastspiel ist anders und beeinflusst das Folgende. Heute morgen habe ich "Frischerlebtes" aufgeschrieben, Tagebuch geführt so entstehen neue Lieder! Das Programm ändert sich von Abend zu Abend und von Stadt zu Stadt. Heute Abend bin ich das sechste Mal in Wilhelmshaven, wir haben extra nachgezählt.

WZ: Ihre aktuelle Tournee trägt den Titel "Hut ab". Vor wem oder was nehmen Sie denn den Hut ab?
VAN VEEN: Vor meinen Eltern nehme ich den Hut ab, und zwar immer öfter und höher. Ich hatte wunderbare Eltern. Meine Mutter war immer zu Hause das war ein schönes, gutes Gefühl! Ich war ein glückliches und sehr, sehr behütetes Kind. Vor meinem Lehrer nehme ich den Hut ab; er verordnete mir das Geigenspiel, das veränderte mein Leben. Und da sind noch die vielen Menschen die mir vertrauen und die zur mir stehen; sie alle verdienen es, das ich den Hut vor ihnen ziehe.

WZ: Bedeutet "Hut ab" auch eine Hommage an das Publikum?
VAN VEEN: Ohne Publikum sind wir gar nichts, wie Fische ohne Wasser. Die Leute haben uns für diesen Abend ausgewählt, und wenn es dann richtig "rollt" auf der Bühne, wir alle im Gespräch miteinander sind, dann ist es genau richtig, dann tragen mich die Zuschauer. Das ist reines Glück für mich.

WZ: Was passiert mit Herman van Veen, wenn er singt?
VAN VEEN: Oh, wenn ich singe, dann sehe ich jedes Wort, ich visualisiere die Wörter und sehe meine Lieder mehrdimensional in Bildern. Das ist eine Gabe, meine Gabe, das kann man nicht lernen, und es ist unbeschreiblich schön.

WZ: Seit über drei Jahrzehnten verbringen Sie einen Großteil Ihres Lebens auf den Bühnen der Welt. Sie spielen vor 80 oder vor 20 000 Zuschauern. Was bedeutet für Herman van Veen das Wort" Zuhause"?
VAN VEEN: Zuhause ist kein bestimmter Ort - zu hause ist bei Jemandem. Es gibt Hotelzimmer, irgendwo, und es passiert, dass ich mich zuhause fühle. Zuhause hat für mich viele Perspektiven: Es kann ein Geruch, ein Geräusch oder ein Bild sein und plötzlich ist es wie zuhause.

WZ: Für Ihren Beitrag zur deutsch niederländischen Verständigung wurde Ihnen 1999 das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Mit zahlreichen Initiativen setzen Sie ich für die Kinderrechte ein. Die Liste ist lang. Welche Projekte verfolgen Sie zur Zeit?
VAN VEEN: Ganz aktuell ist der Bau des Alfred Jodokus Kwak Hauses in Goch, eines Erholungsheims für geistig und körperlich behinderte Kinder. In Soweto gibt es ein Theater Projekt, und weitere Hilfsprojekte sind geplant praktische Taten sind wichtig.