Ub schrieb am 29.05.2006 in der Stuttgarter Zeitung


Ein Clown ist nicht müde


Der Auftritt von Herman van Veen im Beethovensaal

"Seit 1968 sind vierzig Prozent unseres Publikums verstorben. Sie haben also noch mal Glück gehabt." Solche Scherze treibt er jetzt mit seinem Publikum im Beethovensaal, der Entertainer Herman van Veen. Dass er mit seinem Partner Eric van der Wurf mehr als vierzig Jahre zusammenspiele, das wirft er ihm eher beiläufig in Versen zu: "Wir hatten den Morgen, jetzt bleibt uns der Abend und wenn wir Glück haben, ein paar Zugaben."

Der Tod, der Abend des Lebens und der wehmütige Rückblick durchziehen das aktuelle Programm des 61-Jährigen. Ist's Altmännersentimentalität? Die Senilität des ewig Juvenilen? Ist's eine sich dem Publikum rührend andienende Weisheit? Dieser Ton, diese Gestimmtheit gibt seiner Präsenz nun jedenfalls eine weitere emotionale Farbe. Ja, Herman van Veen ist noch da, nach langen Jahren der Abwesenheit in Stuttgart, er wirbelt wie einst herum, ein singender Narr, ein Musikus, Poet und Harlekin, der sich die rote Nase jetzt mit einer Rose aufsetzt.

"Grüß Gott", so grüßt er artig und bietet gleich seine Geige an. "Frau van Veen, wollen Sie kaufen Geige? Fast eine Stradivarius, kostet nur 100 Gulden." Sie könnte den kleinen Sohn einst glücklich machen, diese Geige, so leiert er weiter aus dieser Bühnenrolle heraus. Der Sohn, der Enkel, die einstige Ehefrau, die Familie, der Anfang und das Ende, die Zukunft und die Vergangenheit: er variiert sein Thema mit Geschick und scharfem Blick für die absurden Kleinigkeiten. "Warum bin ich so verblüffend fröhlich, warum bin ich bis heute noch hier, dideldideldiö", fragt er im Beethovensaal.


Das Lachen und der skurrile Humor, sie breiten sich an diesem Abend immer wieder über einem kammermusikalischen Programm aus, in dem besonders die Gitarristin Edith Leerkes und der Multiinstrumentalist Erik van der Wurf mit Virtuositäten zwischen Klassik und einer vielgestaltigen Moderne auffallen. Herman van Veen, der Clown des Liedes, ist noch gar nicht müde.