müc schrieb am 24.04.2006 in der Nürnberger Zeitung
Hermann van Veen
Locken drehen auf der Halbglatze
Wie gut, dass Hermann van Veen nicht beim Verkehrsfunk gelandet ist. Empfahl er den Zuhörern doch gegen Ende seines Konzerts, am besten durch die Böschung heimzufahren - die meisten Unfälle würden nämlich auf den Straßen passieren.
Im Ernst: Es ist ein Glück, dass dieser Kahlkopf aus dem "Froschstaat" Niederlande nicht als Moderator sein Brot verdienen muss, sondern stattdessen ein großer - ja was eigentlich genau? - wurde. Die Unterhaltungsbranche wäre ärmer ohne diesen herzerwärmenden Poeten.
Der ist zunächst einmal Vater. Vater nicht nur seiner Kleinen. Nein, auch Vater so mancher Fantasie. An sein weltberühmtestes Geistesprodukt, die Ente Alfred Jodocus Kwak, erinnert die sympathische Glitzerglatze in der Meistersingerhalle mit einem schwungvollen "Warum bin ich so fröhlich?".
Leichtigkeit und Tiefgang schließen einander bei seinen kleinen Nachtmusiken nicht aus. Kinder und Narren sagen die Wahrheit, heißt es. Dieser Musik-Clown, auch ein Held der Pantomime, sagt mehr. Mit klingender Vielfalt spinnt sich der 61 Jahre alte Sänger, Tänzer, Musiker, Schauspieler, Schriftsteller und Zauberer durch ein gut zweieinhalbstündiges Programm, in dem es viel um Last und Liebe geht. Das Leben ist ein Weg.
Musikalisch und choreografisch legt van Veen Wert auf hohes Niveau - seine vier Begleiter an Klavier, Stehbass, zwölfsaitiger Gitarre und Geige bewegen als mitreißendes Ganzes. Hut ab vor diesem stimmgewaltigen Fantasten, der gerne mal Sterne wirft und Luftballons hinterher blickt, aber auch mit kabarettistischen Einlagen überrascht.
Dann wieder sitzt dem Schalk der Weltschmerz im Nacken: "Komm nimm das Kind auf deinen Schoss/Wieg es sanft in deinen Armen/Bevor du es merkst/ist das Kind schon groß", singt er zarte Zeilen. Und schickt gleich selbst die harten Zeilen der "Afrika-Version" hinterher: "Bevor du es merkst/ ist das Kind schon tot".