Stefan Herkenrath schrieb am 13. März 2006 in den Westfälischen Nachrichten - Münster
Von der hohen Kunst intensiver Momente
Herman van Veen entzieht sich den Versuchen , ihn in eine Schublade stecken zu wollen
Münster
Er ist Liedermacher, Sänger, Entertainer, Chansonnier aber auch Weltverbesserer, Poet, Clown und Philosoph. Er bezeichnet sich selbst als großes Kind, steht seit 40 Jahren auf der Bühne und entzieht sich allen Versuchen, ihn in Schubladen stecken zu wollen. Zu vielfältig und facettenreich ist die Biografie des Herman van Veen. Am Wochenende gastierte der Niederländer in der Halle Münsterland.
Herman van Veen singt über das Leiden der Kinder im Krieg, über ihre gebrochenen Seelen, erbittet Frieden für all die Mühseligen und Beladenen und erinnert sich, mit einer Träne im Auge, seiner Mutter. Und was bei vielen Betroffenheits Kitsch wäre, ist bei van Veen echt und aufrichtig . Da steht einer, der es genauso meint, wie er es sagt. Dieser Mann ist keine Kunstfigur, sondern einer, der sich etwas traut, wovon die Stars und Sternchen aus den Castingshows keine Ahnung haben: Herman van Veen ist in jedem Augenblick er selbst. Einer, dem die Menschen am Herzen liegen. Was für ein Glück, dass dieser Künstler darüber hinaus auch noch ein großartiger Musiker, ein begnadeter Entertainer und ein Clown von Format ist. Nicht nur die hoch poetischen Texte seiner Lieder berühren das Publikum in Münster. Jedes von ihnen ist ein kammermusikalisches Kunstwerk.
Gemeinsam mit seinem langjährigen Wegbegleiter, dem Pianisten Erik van der Wurff, der überragenden Gitarrenvirtuosin Edith Leerkes und den beiden jungen Streichern Jannemien Cnossen, Violine, und Karel Bredenhorst, Violoncello, zaubert van Veen ein Kleinod nach dem anderen aus dem Hut. Da trifft andalusische Gitarrenkunst auf das Geigenfeuer des Balkans, wird der Tango genüsslich zelebrierte und der Klezmer zum Lehrstück über die edle Kunst der Pause.
Das ist musikalische Unterhaltung auf höchstem Niveau. Übertroffen nur noch durch den Clown Herman van Veen, der in allzu geigenseligen Momenten dazwischenfährt und mit einem Augenzwinkern den schönen Schein platzen lässt. Herman van Veen hat sich den buntscheckigen Harlekin der italienischen Commedia dell'arte zum Leitbild erkoren. Und wie dieser zwischen burlesker Komik und dämonischen Wurzeln changiert, wechselt auch van Veen zwischen den verschiedenen Facetten seiner Persönlichkeit. Am besten getroffen hat dies wohl sein griechischer Kollege Georges Moustaki: "Herman, ich erkenne in dir die Weisheit des Hofnarren, die Brutalität des Moralisten, während du vorgibst, nur das Ziel zu verfolgen, uns zu unterhalten."