Axel Engels schrieb am 09. 05. 2006 in der Emsdettener Volkszeitung
"Hut ab" vor solch einem Künstler
Emsdetten - Manche Dinge werden im Laufe der Jahre besser, reifen und entwickeln sich dann zu wahren Kostbarkeiten. Mit Herman van Veen mag es wohl ähnlich sein.
Seit über 40 Jahren nun fasziniert dieser Poet und Liedermacher, Tänzer, Schauspieler und Pantomime, Querdenker mit Niveau und dem Herz an der richtigen Stelle sein Publikum. Sein Auftritt am Sonntagabend in der Ems-Halle vor 846 faszinierten Besuchern war mehr, als nur vordergründiges Entertainment.
Intimer Rückblick
Wie ein intimer Rückblick bis in seine frühe Kindheit wirkte sein Programm "Hut ab". Man erfuhr durch die Texte und Anekdoten so viel über die Menschen und Erlebnisse, die diesen verqueren Dichter und Denker geprägt habe. Und mit seiner Geige geht er um wie mit einer alten Freundin, die er zärtlich in den Arm nimmt und sich von "ihren verstimmten Saiten" nicht abhalten lässt.
Musikalisch sind seine Lieder sowieso ausgefeilt bis ins kleinste Detail. Mit Erik van der Wurff am Flügel hat er seit 43 Jahren einen ebenbürtigen Begleiter. Ohne seine musikalischen Impulse wären viele lieb gewonnene Lieder einfach farblos.
Edith Leerkes ist eine exzellente Gitarristin. Ideenreich und unheimlich einfühlsam spielte und sang sie an diesem Abend. Zusammen mit der Geigerin Jannemien Cnossen und dem Cellist Karel Bredenhorst bildeten sie ein Ensemble, das Herman van Veen in all seiner Vielseitigkeit ergänzen konnte.
Seine Botschaften sind nicht simpel. Sie gehen unter die Haut und beziehen auch Stellung. Wie bei dem poetisch-traurigen Gedicht von Selma Meerbaum-Eisinger, einem jüdischen Mädchen, das 18-jährig in einem KZ in der Ukraine starb. Politisches Engagement verband sich an diesem Abend mit ganz viel Menschlichkeit, mit Gefühlen, die allzu oft unterdrückt werden.
Der wahre Clown
Aber neben all der Poesie und Besinnlichkeit zeigte sich Herman van Veen natürlich immer wieder als der wahre Clown, den man seit den Erzählungen aus der Mühle kennt und liebt. Er präsentierte Banales, Absurdes und Skurriles, Charlie Rivel und Charlie Chaplin vereinte er mit der Ausstrahlung eines ganz großen Künstlers. Mit Virtuosität und ungebändigter Energie fegte er über die Bühne, um plötzlich stehen zu bleiben und mit wenigen Worten zum Nachdenken zu animieren.
Frenetischer Applaus beendete diesen Abend, an dem man vor einem solchen Künstler nur den "Hut ziehen" kann.