Jürgen Augstein schreef 9 september 2005 in Freizeit
Der Mann mit dem zärtlichen Gefühl
Herman van Veen lässt sich mal wieder sehen
"Hut ab!" Den Titel seiner neuen Tour könnte man auch als Kompliment verstehen: Hut ab vor Herman van Veen (60), der seit 40 Jahren auf der Bühne steht und zu den bekanntesten Niederländern in Deutschland gehört. Jedenfalls nach Rudi Carrell.
AIfredBioIek nimmt für sich in Anspruch, den einst blond gelockten Holländer fürs deutsche Publikum entdeckt zu haben. Das ist über 30 Jahre her. Damals eroberte der am 14. März 1945 in Utrecht geborene Musiker mit dem Lied "Ich hab ein zärtliches..Gefühl" die Herzen der Deutschen. Er traf generations übergreifend den Nerv der Liedermacher-Freunde, die friedensbewegt und oft mit lila Tüchern in seine Konzerte strömten. Sie tun es bis heute.
Der Holländer, der noch immer von seinem Studienfreund Erik van der Wurff am Piano begleitet wird, hat Geige und Gesang studiert, sich aber nie mit der Musiker-Rolle allein zufrieden gegeben. "Ich bin ein Sänger, ein Clown, ich weiß es selbst nicht, du kannst ja wählen", sang er einst. Er hat die berühmte Ente "Alfred Jodocus Kwak" erfunden, sang von der Mauer in Deutschland und der Apartheid in Südafrika. Er schrieb einen Titel für seine neugeborene Tochter Anne und widmete zum 60. Jahrestag des Holocaust einen Konzertabend einer jüdischen Schriftstellerin -van Veen, ein Tausendsassa, der das Große in kleine Lieder packt.
In seinen Konzerten geht er oft bis an die Schmerzgrenze, albert herum, brüllt, zieht sich bis auf die Unterhose aus, um dann nach endlos langer Zeit wieder das-zu tun, was er am besten kann: singen. Trägt er dazu seinen schwarzen Hut, erinnert er an einen Straßenmusiker. Doch der Harlekin hat Karriere und Millionen gemacht. Erkönntesich in sein Haus bei Utrecht mit großem Garten und Tieren zurückziehen. Doch für van Veen ist die Bühne Berufung. Wenn er kann, wird er wohl noch mit 80 sein "zärtliches Gefühl" besingen. Die Deutschen lieben ihn dafür.
Jürgen Augstein