Dietmar Gröbing schrieb am 19.11.2005 in der Zeitung Neue Westfälische -Paderborn
Der Einklang der Dinge
Herman van Veen ist sympathischer Belehrer, Kenntnisnehmer und Beobachter
Paderborn.
Manche nennen ihn respektvoll "Papa", gestehen ihm eine Rolle zu, die ihn in die Position eines respektablen Oberhauptes rückt, eines Vorstands, der jedoch von autoritärem oder gar herab lassendem Duktus weit entfernt ist.
Nein, Herman van Veen ist kein Lehrer, eher schon ein sympathischer Belehrer, ein Kenntnisnehmer und Beobachter, dessen Altersweisheiten die Grenze zur Poesie regelmäßig überschreiten und der seine Erkenntnisse gern mit seinem Publikum teilt - dessen Bereitschaft zur Fantasieentfaltung voraus gesetzt. Dazu bedarf es verschiedener Herangehensweisen, verschiedener Rollen, in die van Veen ohne großes Brimborium schlüpft, sich mal als Mahner und Friedensaktivist, dann wieder als Clown und Possenreißer zeigt und aus jenen Positionen heraus persönliche Statements formuliert, die mal das Hirn und mal das Herz des Zuhörers erreichen.
Mit unverändert mäandrierender Stimme und begleitet von fünf grandios soufflierenden Solisten verrichtet der Holländer seine Arbeit, erprobte seinen Traum vom Einklang der Dinge am Donnerstag und Freitag am Paderhallengast und stieß an beiden Abenden auf entsprechend große Gegenliebe.
Obgleich von Harmonie beseelt, war "Hut ab" ein Programm der Gegensätze, stellte Geigen neben Whiskeyflaschen, Politisches neben Mainstream und Arbeit neben Freizeit, verlangte seinem Teilnehmer eine Leistung ab, die sich nicht auf das Abnicken wohlfeiler Standards beschränkte, sondern die Aufforderung zur aktiven Lebensgestaltung einschloss.
Auf verhaltene Weise animierte der 60-Jährige seine Fans zu mehr Toleranz, Rücksichtnahme und Nächstenliebe, kleidete seine sanfte Kritik in noch sanftere Ton- und Wortbrücken und erreichte sozusagen durch die Hintertür eine Akzeptanzrate, die auf vordergründige Art niemals möglich gewesen wäre. "Hut ab" dafür.