Volker Behrens schrieb am 12.11.2005 im Hamburger Abendblatt




In Hamburg fast zu Hause


Hamburg-Stillhorn

Der Mann trägt viele Hüte. Herman van Veen ist Sänger, Entertainer, Alfred-Jodocus-Quak-Erfinder, Schriftsteller, Unicef-Botschafter, und er ist mal wieder auf Tour. Seine Autobiographie heißt "Unter einem Hut", seine neues Album "Hut ab!"

Seine erfolgreichste Zeit waren vielleicht die 70er und 80er Jahre, als er mit Songs wie "Kleiner Fratz", "Weg da!" oder "Ich hab' ein zärtliches Gefühl" zu einer Art clownesk-poetischem Hoffnungsträger wurde. Das ist lange her, aber kein Grund für Nostalgie. Der Mann lebt eindeutig im Hier und Jetzt.
Unkonventionell kann er sein. Ein Treffen an der Autobahnraststätte Stillhorn, während er zum Konzert anreist? Kein Problem! Der 60 Jahre alte Entertainer, der jetzt mehrere Auftritte in Hamburg hat, ist unprätentiös. Trotz des Autobahn-Ambientes ist van Veen aufgeräumt, lacht immer wieder laut, gestikuliert und macht zum Schluß Faxen für die Fotografin.

Wenn der Holländer auf Tournee ist, spielt er an fast jedem Abend etwas Neues. Tagesereignisse fließen in die Moderation, und die Lust auf andere Songs schlägt sich nieder. "Am Ende der Tour haben wir dann ein ganz anderes Programm als am Anfang", erklärt seine Gitarristin Edith Leerkes. Van Veen kann aus einem Repertoire auswählen, das er auf immerhin 137 Tonträgern verbreitet hat. "Ich spiele kein ,Best of'-Programm, sondern nur neuere Titel. Erst in den Zugaben kommen ältere Lieder zum Zug. Dann können die Leute an die Bühne kommen und mir einen Zettel geben, auf dem der Titel steht, den sie sich für ihre Schwiegermutter wünschen."

"Vor kurzem waren wir in Gera. Da kam eine Familie bis in meine Garderobe mit ihrem Neugeborenen. Nur der Vater war nicht dabei wie in den vergangenen Jahren. Er war mit 47 Jahren an Krebs gestorben. Was soll ich da sagen? Ich bin doch nur Herman und singe über die Sonne, den Wind, die Straßen und die Gefühle. Wenn meine Gefühle und die Aussage meiner Lieder nicht zur Stimmung des Publikums passen, kann ich nichts dafür. Ich muß doch ehrlich bleiben."
Der Künstler lebt auf einem Bauernhof. Fährt gern mit seinem roten Trecker. Sehr zur Freude seines drei Jahre alten Enkels hält er dort auch Federvieh. "Bei mir landen jede Menge wilder Vögel. Bei mir gibt es etwas zu holen. Vielleicht spricht sich das unter ihnen herum."

Seit Jahrzehnten kennt er Deutschland von innen und von außen. "Das Land ist lockerer und weltoffener geworden. Guck dir doch nur das internationale Zeitungsangebot dort am Kiosk an! Jetzt verstehe ich auch vieles besser. Zum Beispiel, daß ein Brauner sowohl ein Nazi als auch ein Kaffee sein kann. Als ich zum ersten Mal hier war, reichte mein Deutsch nur bis Utrecht."

Über Hamburg: "In keiner Stadt Deutschlands bin ich so oft aufgetreten. Im Schauspielhaus, im CCH, diesmal in der Laeiszhalle. Sie zählt für mich mit dem Pariser Olimpia, dem Concertgebouw in Amsterdam und der Carnegie Hall in New York zu den schönsten Auftrittsorten. Ich kenne in dieser Stadt jede Kirche und jede Kneipe. Konzertveranstalter Karsten Jahnke hat mich 1974 ins Schauspielhaus geholt, da kannte mich hier noch kein Mensch. Er und Tourmanager Hauke Tedsen sind sozusagen Familie. Freundschaften mit Hamburgern halten ewig. Unsere Frühstücke sind legendär." Sprach's, küßte zum Abschied die Fotografin und entschwand.