Dirk Krampitz schrieb in der Welt am Sonntag am 08.01.2006...


Frau Wagner und der nackte Holländer




Kultur- Highlights

Bei dieser Premiere erregt die Regisseurin mehr Aufmerksamkeit als die Musik. Der Grund: Sie heißt Wagner, Katharina Wagner, ist 27 Jahre alt und Urenkelin des Komponisten Richard Wagner (1813-1883). Sie wird als künftige Leiterin der Bayreuther Festspiele gehandelt. Ihr Regie-Debüt in Bayreuth wird sie in zwei Jahren mit "Die Meistersinger" geben.

Bis dahin inszeniert sich Katharina Wagner jedoch munter durch die Opernlandschaft. An der Deutschen Oper zeigt sie heute um 18 Uhr ihre vierte Regiearbeit: "Il Trittico" von Giacomo Puccini. Selbstbewußt stellt die junge Frau für ihre Inszenierung von den drei Miniopern die Reihenfolge um: Ihr Abend beginnt mit "Schwester Angelica", der Geschichte einer Nonne, die vom Tod ihres Kindes erfährt, das sie verleugnen mußte. Dann folgt "Gianni Schicchi" über eine Familie, in der der Onkel sein Vermögen einem Kloster vermacht hat. Um an das Geld zu kommen, wollen die Angehörigen seinen Tod für den Notar noch einmal nachspielen - das Ende ist sehr überraschend. Zuletzt gibt es dann "Der Mantel", die Geschichte einer unglücklichen Ehe.

Apropos Wagner. Nicht der fliegende, aber der nackte Holländer könnte ein Untertitel für das Stück sein, das am Freitag um 20 Uhr im Friedrichstadtpalast gezeigt wird. Denn manchmal kommt es vor, daß Herman van Veen am Ende seiner bis zu dreistündigen Auftritte nackt auf der Bühne steht. Das ist seine Art zu zeigen: Ich habe alles gegeben, mehr habe ich nicht. Im vergangenen Jahr ist van Veen 60 Jahre alt geworden.

Seit 40 Jahren steht der Clown-Poet auf der Bühne. Und seit vergangenem Mai tut er das fast ohne Unterbrechung. Denn er befindet sich mit seinem Programm "Hut ab!" auf ausgedehnter Konzerttournee. Noch bis Mai 2006 wird sie andauern. Nun, just etwa zur Halbzeit, macht er in Berlin Station. Am Freitag um 20 Uhr gastiert er im Friedrichstadtpalast. Und es liegt am Publikum, ob er am Ende wieder nackt dasteht.

Er war der einzige Theaterpopstar der DDR. Sie war eine junge Fotografin. Daß Heiner Müller und Brigitte Maria Mayer ein Liebespaar wurden, hätte sich auch ein Drehbuchautor nicht schillernder ausdenken können. Leider blieb den beiden nicht viel gemeinsame Zeit. Einige Reisen, eine gemeinsame Tochter. Sie löste ihn aus seinem Lichtenberger Kiez, lotste ihn in ein Kreuzberger Loft. Nach fünf intensiven Jahren starb der Dramatiker Heiner Müller 1995 an Speiseröhrenkrebs.
Nun hat sich Mayer aufgemacht und ein sehr intimes, für den Betrachter manchmal fast voyeuristisches Buch über ihre Liebe gemacht. "Der Tod ist ein Irrtum" heißt es nach einem Müller-Wort. Brigitte Maria Mayer zeigt darin Polaroids von Müller und ihr. Die Sofortbilder mit ihren eigenwilligen Farben geben den Bildern die Aura von Märchenhaftigkeit: Egal, ob Mayer nackt auf einem Balkon auf Kuba posiert oder Müller mit nacktem Oberkörper in Kalifornien am Schreibtisch sitzt. Morgen um 20 Uhr liest Mayer aus dem Fotobuch mit einigen Texten Heiner Müllers in der Akademie der Künste. Anschließend diskutieren Thomas Macho und Friedrich Kittler.