Regina Goldlucke schreef 6 december 2005 in Rheinische Post



Herzens-Angelegenheiten



Die Akrobatin Antoschka mochte in ihrem neuen Programm erstmalig ein instrument auf der Buhne spielen. Ob's denn auch recht wirken wird? Sie traf Herman van Veen - und der ermunterte sie dem Versuch.


VON REGINA GOLDLÜCKE

Sie war auf Gastspielreise in Utrecht, als die Plakate mit dem Gesicht von Herman van Veen sie magisch anzogen. "Er hat die Augen eines Clowns", dachte Antoschka und besuchte spontan sein Konzert. "Danach hatte ich das Gefühl, ihn schon ewig zu kennen". So begann die Freundschaft zwischen der zierlichen Akrobatin aus Sibirien und dem seit bald vier Jahrzehnten erfolgreichen Sänger. Eine Seelenverwandtschaft, die sich bewährt und vertieft hat.
"Wir sind aus einem Schlag, weil wir das Privileg haben, legale Idioten zu sein," sagt Herman van Veen. "Je größer einer ist, desto mehr wächst der Respekt vor ihm", ergänzt Antoschka, "man weiß, wie schwer dieser Beruf ist." Sie wurde beim Moskauer Staatszirkus ausgebildet, gilt weltweit als einer der besten weiblichen Clowns, wurde heimisch am Rhein. Er, der Meister der zärtlichen Töne, fesselt sein Publikum durch Poesie und ist in seiner Heimat fest verwurzelt. "Ich bin total Utrecht. So was von Utrecht! Eine spannende Kombination aus Universitäts- und Arbeiterstadt."

Aber immer wieder bricht er auf. 140 Vorstellungen im Jahr, Konzertreisen rund um den Globus. "Das hört nie auf, sagt er voller Überzeugung. "Wenn es aufhört, bin ich nicht mehr da. Clowns und Musiker sind alle gleich. Was wir machen, ist kein Job, es ist eine Lebensweise. Und es garantiert unsere Gesundheit. Meine Lungen haben mit 60 Jahren so viel Volumen, dass jeder Arzt nur staunen kann. Ohne Singen könnte ich mit dieser Luft nichts anfangen."

Alle paar Jahre kommt Herman van Veen nach Düsseldorf und freut sich jedes Mal darüber. An drei Abenden gastiert er in dieser Woche in der Tonhalle. "Dieser Saal ist einer der schönsten der Welt", lobt er. "Die Menschen können sich bei den Konzerten in die Augen schauen. Es hilft, wenn man das Lachen der anderen sieht. Schön, dass die Tonhalle nicht so groß ist, so werden Augen, Mimik und Gestik besser wahrgenommen. Visuelle Kommunikation, wie ich sie liebe."
Das Gastspiel bescherte ihm ein Wiedersehen mit Antoschka, die mit ihrem Programm "Ansichten eines Clowns ... über kleine Prinzen" im Dezember im Juta auftreten wird und jetzt seinen Rat suchte: "Ich wollte nie ein Instrument auf der Bühne spielen. Aber Du hast mich für die Geige begeistert", sagt sie mit lächelndem Vorwurf. "Jetzt habe ich mir eine Nummer ausgedacht, über deren Wirkung ich mir nicht sicher bin. Wirst Du mir helfen?" Van Veen nickt. Erzählt beiläufig Anekdoten von Charlie Chaplin und Buster Keaton, schweift ab, kommt zurück aufsein Repertoire, das ständig bereichert wird.

"Mag sein, dass manche enttäuscht sind, weil ich prinzipiell keine alten Lieder singe. Das sind die, die mit mir ihrer eigenen Jugend begegnen wollen. Sie kommen nur, um einen Herman van Veen zu sehen, den es nicht mehr gibt. Denn natürlich habe ich mich weiterentwickelt. Was ich singe, ist ein emotionales Tagebuch."