Markus Möhl schrie am 01.10.2005 in der Ahlener Zeitung
In ihm stecken schon 30 Jahre Deutschland
Herman van Veen: "Ich hab's echt gut hier"
Ahlen. Herman van Veen gastierte nach elf Jahren wieder in der Ahlener Stadthalle. "AZ" -Mitarbeiter Markus Möhl sprach mit ihm nach seinem Auftritt.
Frage: Wie ist Ihr erster Eindruck von diesem Konzertabend?
van Veen: Es war ein herrlicher Abend.
Frage: Wie erschöpft sind Sie eigentlich nach gut zweieinhalb Stunden Programm?
van Veen: Noch nicht. Aber nachts um zwei, da kipp' ich um. Also jetzt renn' ich noch ein bisschen weiter, bin nicht müde, aber dann irgendwann - bumm, da muss ich rechtzeitig in meinem Zimmer sein, sonst. . .
Frage: Wie viel sehen sie von den Städten, in denen sie gastieren?
van Veen: Ich tue, was ich tue - seit über vierzig Jahren. Also, ich komme nicht zum ersten Mal nach New York oder Hannover oder Lingen. Ich kenne die Städte eigentlich viel besser als man denkt, weil ich natürlich tagsüber Zeit habe. Oft bin ich auch einen Tag früher da oder bleibe noch einen Tag nach dem Konzert. Ich gehe sehr gerne in Kirchen, Museen oder Buchhandlungen. Und da sitze ich dann in den Buchhandlungen und lese alles, was ich mir nicht leisten kann - ich kann mir ja nicht alle Bücher kaufen. Und ich trinke immer viel zu viel Kaffee dabei.
Frage: Kennen Sie denn einen Teil von Ahlen?
van Veen: Nein, ich bin ja erst zum zweiten Mal hier. Ich kann mich leider nicht daran erinnern, wie das beim ersten Mal war. Ich habe noch nichts gefunden, das typisch ist für diese Stadt ist. Das ist dumm vielleicht, aber ich erinnere mich schon an den Saal, an die Akustik, die sehr gut ist.
Frage: Sie treten schon Jahrzehnte in Deutschland auf. Wie viel Deutschland steckt eigentlich mittlerweile in Ihnen?
van Veen: Na, eben 30 Jahre - das ist eine enorme Zeit meines Lebens. Und ich habe dieses Land lieben gelernt und die Sprache natürlich auch, weil ich so oft in Deutschland war, so viele Leute kenne und so viele Freunde habe. Ich kenne dieses Land, glaube ich, viel besser als viele Deutsche. Es ist ja ein so schönes Land mit so vielen unterschiedlichen geographischen Fantastigkeiten. Ich hab's gut hier, ich hab's echt gut hier.
Frage: Das deutsche Publikum hält Ihnen auch schon seit Jahrzehnten die Treue. Wie erklären Sie sich den besonderen Erfolg hier?
Van Veen: Das ist eigentlich kein Verdienst von mir, aber ich habe ein bestimmtes Talent,
dass ich schon bei der Geburt gekriegt habe. Und ich sehe, dass die Leute mitbekommen, dass wir jeden Abend unser Bestes tun, dass wir richtig schuften. Dann glaube ich auch, dass mein Akzent eine Rolle spielt, weil mein Akzent enorm ist. Und das ist ein Vorteil. Eine andere Sache ist, dass mein Vater mir in der Nachkriegszeit, als ich 18, 19 Jahre alt war und zum ersten Mal nach Deutschland ging, immer gesagt hat: Deutsche sind genauso wie Holländer und Franzosen, ich mag nur die Faschisten nicht. Und das hat man immer durcheinander geschmissen. Mein Vater hat mich immer unterstützt, nach Deutschland zu gehen, weil er das subtil gesehen hat. Und ich bin hier ins Land "gerollt" mit unheimlicher Freude und ohne Belastung.
Frage: Was haben die Leute an Ihnen geschätzt?
van Veen: Ich glaube, die Offenheit und die Themen, die ich immer wieder besungen habe - weil ich kein Richter bin, ich habe keine Meinung, ich "finde" nicht Dinge. Ich kann nur erzählen: Ich habe Angst im Dunkeln oder ich mag Apfelmus oder eine Frau mit roten Haaren, die kann mich immer anrufen. . . Da ist kein Werturteil.