HERMAN VAN VEEN



Ein Interview mit Thomas Weninger

Der Midlife-Crisis fühlt sich Herman van Veen endgültig entronnen. Mit seinen 53 Jahren empfindet das entwaffnende Multitalent aus dem Land der Tulpen nach eigener Aussage "viel mehr Ruhe und Ausgeglichenheit." Der skeptische Optimist und fröhliche Melancholiker ist Herman van Veen über alledem geblieben, was berauschende Bühnenerfolge in New York, Paris, Berlin und Amsterdam nachhaltig belegen. Auch in Österreich wird van Veen nach längerer Pause wieder seine kindliche Freude am Nonsens zelebrieren. Ehe der sensible Clown und Sänger am 24. Februar das Publikum im Innsbrucker Congress wieder in ein Wechselbad der Gefühle taucht, stellte er sich unserem Profile-Interview.

Worüber kann man sich mit Ihnen gut streiten?
Über die Tatsache, Angst zu haben.

Worüber oder über wen können Sie herzhaft lachen?
Über den holländischen Clown Don Hermans oder über Buster Keaton. Genauso kann ich über Kinder und Tiere Tränen lachen.

Worauf müssen sich die Menschen gefaßt machen, die mit Ihnen zusammenarbeiten?
Stille. Vor allem bei den Proben. Stille ist das Allerwichtigste. Ich höre mich ab und zu rufen: Woher soll ich es holen, wenn es nicht still ist?

Wenn Sie jemanden mit einem Preis auszeichnen könnten - wem würden Sie welche Trophäe geben und wofür?
Ich denke jetzt sehr an Nelson Mandela, weil er etwas über Entwicklungshilfe gesagt hat, was ich genial finde. Er sagt, Entwicklungshilfe ist eigentlich eine neue Form für das Kreieren von Abhängigkeit, von Kolonialisierung. Wenn es für Hilfe Bedingungen gibt, ist es keine Hilfe.

Wer sind Ihre Vorbilder in Beruf oder Privatleben?
Charlie Chaplin ist für mich ein großes Ideal, weil er der perfekte Clown war und die Quintessenz von Humor lebte. Darüberhinaus gibt es natürlich noch viele Dichter, Schreiber und Sänger, die ich sehr schätze.

Welche Begegnung war die wichtigste in Ihrem Leben?
Ich glaube, die Begegnung mit meiner Mutter. Immerhin war sie der erste Mensch in meinem Leben. Heute ist sie über 80 Jahre alt und wird vermutluch nicht mehr lange leben. Das schmerzt, weil es ein unvermeidlicher Schritt ist.

Welches Buch lesen Sie gerade?
Edgar Hilvenrath: "Der Nazi und der Friseur".

Sie gehören zu den ersten Siedlern auf einem neuen Planeten. Was haben Sie auf jeden Fall im Gepäck?
Meine Geige, denn ohne diese Geige bin ich kein Mensch.

Welche Platte haben Sie sich als erste selbst gekauft?
(singt vor) "...Buona Sera Senorita, Buona Sera...!

Wie lautet Ihre Lebensphilosophie?
Gib niemals auf!

Was ist Ihre größte Tugend und was Ihr größtes Laster?
Ich glaube, mein größtes Talent ist es, daß ich in allem Licht sehe, und am schwierigsten ist es für mich, das zu beschreiben.

Was bringt Sie auf die Palme und was wieder herunter?
Apathie kann ich nicht ertragen. Mit Menschen, denen alles egal ist, kann ich nicht umgehen, davon kriege ich graue Haare.

Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit den meisten Spaß, und was mögen Sie am allerwenigsten?
Singen. Dazustehen und zu singen. Geldgeschäfte.

Was würden Sie ändern, wenn Sie in Ihrer Branche für einen Tag das Sagen hätten?
Ich würde jedem Unterricht in der Kulturwelt - also für Dichter, Schreiber, Schauspieler - sehr viel Geld zur Verfügung stellen. Damit sich Menschen, die sich künstlerisch entwickeln wollen, auch entwickeln können. Etablierte Gesellschaften würde ich nicht subventionieren. Meist läuft es umgekehrt. Große Synfonie-Orchester bekommen Unmengen an Geld, kleine Ballettgruppen kriegen keinen Heller, weil sie sich auf dieser Beamtenebene nicht artikulieren können und keine Lobby haben.

Was würden Sie heute machen, wenn Sie nicht in die Musikbranche gegangen wären?
Dann wäre ich Arzt.

Welche CD haben Sie sich zuletzt aus privatem Interesse gekauft?
Die will ich erst morgen kaufen: Und zwar die neue Single von Cher "Strong Enough". Ich finde, daß sie das unwahrscheinlich schön singt.

Welches Musikstück möchten Sie hören, wenn Sie irgendwann die Bühne des Lebens verlassen?
"Du bist die Ruh" von Franz Schubert.

Die Zeit wird knapp: Was wollen, was müssen Sie vor der Jahrtausendwende unbedingt noch erledigen?
Nichts. Ich lebe so, daß ich nichts erledigen muß. Wenn ich beispielsweise jemanden mag, dann habe ich es ihr oder ihm schon gesagt.






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