ANDREAS MONTAG schreef in MZ
Papua-Neuguinea liegt auch in Wittenberg
Der Liederdichter Herman van Veen spricht über "Lebenswege"
Von unserem Redakteur
Wittenberg/MZ.
Man braucht ihm nur in die Augen sehen. Wie er vertraulich lächelt, ohne eine Miene zu verziehen. Dieser
Mann ist ein Clown, also muss man ihn ernst nehmen. Hinzu kommt: Herman van Veen, seit rund 40 Jahren als Künstler unterwegs, hat
eine enorme Präsenz. Fast linkisch, verlegen lächelnd betritt er den Raum - dann ist er aber auch schon da und besetzt den Mittelpunkt.
Ganz ohne jeden Trommelwirbel.
Dieser Zauber teilt sich auch am Mittwochabend in Wittenberg mit. Der Theologe Friedrich Schorlemmer hat den christlichen
Entertainer-Kollegen zur Auskunft über seine "Lebenswege" in die Evangelische Akademie gebeten. Saal wie Nebenräume vermögen die
Anhängerschaft des 61-jährigen Liederdichters, Sängers und Komikers kaum zu fassen. Und schnell wird klar: Herman van Veen ist einer,
mit dem man für einen guten Zweck bestimmt koppelweise Pferde stehlen, aber keine Pointen bestätigen kann.
"Mein Deutsch ist bestimmt besser als das Niederländisch der meisten Deutschen",
sagt er. Nein, für einen putzigen Kerl soll ihn keiner halten - so reizend seine und Rudi Carrells Sprache in unseren Ohren auch
klingen mag.
"Man muss den Mut haben, gewaltlos zu denken."
HERMAN VAN VEEN SÄNGER
Mit Carrell, der schwer an Krebs erkrankt ist, verbindet van Veen eine lange Freundschaft. "Auch wenn das unbescheiden klingt:
Rudi Carrell ist mein größter Fan", sagt der Sänger und zeigt seinen Stolz. Das ist das Besondere an ihm: Er ist direkt, aber er drängt
einem nichts auf. Wenn er von seinem Großvater erzählt, dem ein einziges Buch, die Bibel, genug war, begreift man ohne donnernde
Appelle, wie einfach die Erfahrung der Liebe den Menschen von der Kraft der Liebe überzeugen kann. Vor jeder Mahlzeit
las der Opa aus der Bibel, erzählt Herman van Veen, und er hat gern und viel gelesen. Immer war dann das Essen kalt - den Enkel
scheint es nicht gestört, seinen Glauben nicht angefochten zu haben.
Der hat viel mit Selbstbewusstsein und freiem Denken zu tun, Herman van Veens Gott ist freundlich wie er selber. "Wenn du Gott
erreichen willst - er kann dich nicht finden, wenn du nicht da bist", wirbt er für das, was man auch Entschleunigung nennt.
"Wir sind nicht in der Lage, das, was wir nicht verstehen, zu erkennen", sagt er und erzählt ein Gleichnis von den Männern aus
Papua-Neuguinea, die einst die Schiffe der Europäer kommen sahen und doch nicht sahen: Sie fanden, meint van Veen, keine Methode,
die Information zu übersetzen.
Er eignet sich die Welt mit Verstand, Humor und Herzenswärme an. Manche lächeln darüber, vielleicht aus Furcht vor sich selber:
"Man muss den Mut haben, gewaltlos zu denken", sagt der Sänger. Und singt drei Lieder zum Beweis.