Aachner Volkszeitung
S.

An seinen Sätzen kann man lange knabbern

Impressionen eines Konzertabends mit dem Sänger Hermann van Veen

31 dez 1977

Wenn ich aus dem Konzert komme und im Auto nach Hause fahre, drehe ich eigentlich immer sofort das Radio an. Als ich aus Herman van Veens Konzert kam, gingen mir seine Melodien, seine Texte durch den Kopf, jeder Schlager hätte meine Gedanken zerstört. So blieb es still um mich, während in mir drin noch Hermans Musik tönte, seine weiche Stimme nachklang, seine Ermahnung, zu sich selber zu finden, indem man die anderen findet.


Herman van Veen ist wirklich kein Unbekannter der Szene, das beweisen ausverkaufte Konzerte auf einer Tournee durch Deutschland, die schon Anfang Oktober begann. Es sind auch keine Insider, die zu van Veen gehen, und doch scheinen sie sich von dem üblichen Konzert-Publikum zu unterscheiden: Sie sind leiser, feinfühliger, empfänglicher für Subtiles. Wer Hermann van Veen verstehen will, muß nämlich genau hinhören; so ganz nebenbei wirft er einen Satz ein, an dem man unter Umständen noch am nächsten Tag zu knuspern hat, bringt Morbides und Makabres, über das man zuerst lacht und dann ganz betroffen nachsinnt.

Ist er ein Sänger, ein Geigen-Virtuose, ein Tänzer, ein Pantomime, ein Geschichtenerzähler, ein Menschenfreund oder ein Spinner? Vielleicht alles.
Er genießt einen Sprung und vollführt ihn wohl zehnmal vor dem Mikrofon, fordert das Publikum auf, ihre Gefühle von Angst, Freude oder Spaß in einem lauten gemeinsamen Schrei von sich zu geben, wälzt sich auf dem Boden und singt mit sanfter Stimme Subtiles vom Präsidenten, der gerade seinem Volk zujubelt. Auch wenn er nur flüstert, wenn er die Hände reibt, um ein angenehmes Geräusch zu erzeugen, wenn er einfach schweigt, minutenlang, bleibt trotzdem die Spannung zwischen Publikum und ihm bestehen, sie wächst sogar bis zum Zerreißen. Mit einem Knall, einem Lightspot oder einem Lachen löst sie Hermann, auf daß man gleich wieder von neuem auf die vorderste Kante des Stuhles rückt, um ja auch alles mitzukriegen.

Wie schön, daß es einige Platten von Hermann van Veen gibt.
Die kann man nämlich immer wieder umdrehen und von neuem hören.



S.