LEIPZIGER V0LKSZEITUNG
Peter Woernte

Mit Ente Kwak im Frühjahr auf Tournee

31. Januar 1992

Van Veen will leben, was er singt

„Ich habe immer gedacht“, sagt Hermann van Veen, „das, was man singt, soll man auch leben. Deshalb habe ich nach Kunstformen gesucht, die man im täglichen Leben konkretisieren kann“. Nach der Figur des Harlekin stellt sich van Veen sein Leben als buntes Kleid vor. Jedes Teil des Kostüms stellt einen ‘ Teil seines Lebens dar, sein Theater, seine Zeitschrift, seine Platten, seine Dritte-Welt-Organisation. Wie diese bunte Figur setzt van Veen sein Talent und seine Fähigkeiten nicht nur für sein eigenes Wohl, sondern für das aller Menschen ein. „Ich hatte immer das Gefühl, als Mensch erst dann glücklich sein zu können, wenn andere glücklich sind. Solange andere Hunger haben, schmeckt mir das Essen auch nicht. Je älter ich werde, um so konsequenter versuche ich zu leben“. Er finanziert eine Krebsklinik, ein Projekt in Nicaragua. „So habe ich den fast großväterlichen Stolz, auf ein paar konkrete Sachen zurückblicken zu können. Erst dieses Engagement gibt mir selbst das Recht zu tun, was ich mache“.



Seine Kinderserie „Die Abenteuer der Ente Alfred Kwak“ watschelt täglich durch unser Fernsehen. Sein aktuelles Album „Blaue Flecken“ vereint Betrachtungen, Anmerkungen, Fragen und Impressionen zu den Wechsel-Zwisci.i.n- und Überfällen, die wir uns im Laufe unseres Lebens selbst ein-'•LrtM.ken oder bescheren lassen. Denn, jj»o..s.>gt yan Veen. „Plaue Flecken sind ein untruglicliches Zeichen des Lebens“.

Die Jugendlichen, die heute in seine Konzerten gehen, im Frühjahr ist er wieder auf Tournee, kennen ihn aus dem Fernsehprogramm ihrer Kindheit. Alfred Kwak watschelt durch die ganze Welt. Woher nimmt er diese ganzen Geschichten? „Das ist absolut kein Probien». Ich habe einfach drauflos pnantasiert und versucht, daß Alfred Kwak in jeder Geschichte an ein Problem gerät, das wir alle kennen. Da braucht man wenig Phantasie angesichts der Schwierigkeiten unserer Welt. Wie eine farbige Kugel rollt er in eine Geschichte, weiß absolut nicht, was ihm passiert, rollt aber genau in die richtige Richtung. Und wenn es vorbei ist, staunt er, daß es geklappt hat. Es ist einfach herrlich, eine Welt zu kreieren, die unserer Welt ähnelt, mit einer Ente als Hauptperson, die verwundert herumwatschelt und in ihrer Verwunderung immer wütender wird.“

. Nur einen Text, eine Melodie zu singen, füllt Hermann van Veen genauso aus, wie einen ganzen Film zu drehen. „Ich ander Kinderbücher oder Lieder besonders schön, wenn sie etwas mehr als nur Spaß machen, wenn ein Geheimnis darin steckt, eine Idee. Kinder können phantastisch mitphantasieren. Wenn ich einem Kind sage, siehst du den Geist auf meiner Hand, dann können sich Kinder das vorstellen. Erwachsene halten mich für blöd: Der ist 46 Jahre und sieht Geister“.

In seine Konzerte kommen viele Jugendliche. „Wenn ich sie frage, woher sie mich kennen, ich habe doch keine Hiis in den Charts, sagen sie, du bist doch der Depp mit dem langen Frackmantel von der Kinderserie. Das fanden sie als Kind total gut, weil die merkwürdige Figur Dinge tat, die sie nicht konnten. Die ging einfach in ein Gemälde hinein, erlebte dort ein Abenteuer, kam zurück und trank die nächste Tasse Tee. Es istein herrliches GeF fühl, daß die Kinder mich zehn Jahre später noch kennen“.



Peter Woernte