Ostfriesen Zeitung
Heike Rohlfs

Sanfte Lieder und politische Aussagen

Mehr als 2 000 Besucher begeistert von Herman van Veen-Show

31 jan 1984

Emden. Ein tief beeindrucktes Publikum hinterließ Herman van Veen nach seinem Auftritt am Freitagabend in der Nordseehalle. Die mehr als 2 000 Besucher waren nicht nur beeindruckt von seiner Vielfältigkeit, sondern ebenso von seiner Aussage. Der Künstler ist nicht nur Musiker, Sänger, Poet, Clown und Pantomime, er hat auch eine friedens- und sozialpolitische Aussage zu machen. Die Bedrohung der Erde durch die Atombombe zog sich wie ein roter Faden durch das Programm.


In dem Lied "Die Bombe fällt nie" geht Herman van Veen provozierend auf die oft seltsame Natur des Menschen ein: "Die Nachricht warf mich aus dem Gleis, mir zittern noch vor Schreck die Knie. Soeben las ich schwarz auf weiß: die Bombe fällt nie. Hat das nicht schlimme Konsequenzen? Die Zukunft hatte bislang Grenzen. Doch wenn man wieder planen kann, was fängt man mit der Zukunft an? - Jetzt wird mir wieder angst und bang, wo führt das hin, wo führt das lang? Wo bleibt die Lust am Untergang?"

Die optischen und akustischen Mittel, derer sich Herman van Veen bediente, um seiner Aus sage Nachdruck zu verleihen, waren es u.a., die beeindruckten. Der Knall nach dem Zünden einer Atombombe kam so markerschütternd über die Lautsprecher, daß selbst der Hallenboden erzitterte. Der Luftballon, der während des gesamten Programms als Sonne am Bühnenhimmel schwebte, verschwand.
In Erstaunen versetzte der Künstler sein Publikum immer wieder durch seine überraschenden Schlußfolgerungen, die allerdings bei näherer Betrachtung äußerst logisch erscheinen.So stellte van Veen das Zünden der Atombombe als das Mittel dar, das den totalen Frieden bringt. Und in der Tat, nach der Vernichtung allen Lebens herrschte der totale (totenstille) Frieden. Auch sozialpolitischer Themen nahm sich der Holländer an, in seiner sanften doch eindrucksvollen Art. Er stellte u.a. einen Arbeitslosen dar, vor dem sich alle Türen schlossen, obwohl er bereit war, jede Arbeit anzunehmen. "Was soll ich tun. Ich bin erst 38 Jahre alt und schon seit fünf Jahren arbeitslos. Man muß doch etwas tun können, sonst weiß man doch nicht, daß man existiert. Wenn meine Kinder nach Hause kommen haben sie immer viel zu erzählen. Ich würde auch gerne erzählen, was ich gemacht habe. Was soll ich tun? Ich kann mich doch nicht aufhängen ... oder doch?" " Herman van Veen brachte die Verzweiflung so echt, daß es einem fast die Tränen in die Augen trieb.

Der Künstler schlüpfte während des Programms in "tausend" Rollen, vom treusorgenden Vater bis zum Demonstranten, der nicht weiß, wofür oder wogegen er demonstrieren soll und von einem von Marschmusik besessenen japanischen Kämpfer bis hin zum "schwulen" Strichjungen.
Herman van Veen war aber auch der um seine kleine Heimat Holland besorgte Bürger. Auf der einen Seite würden die Russen lauern und auf der anderen Seite die Amerikaner, erklärte er. Seine geniale Idee, das Vaterland zu schützen, ist die, eine Glocke aus Musik über das Land zu stülpen. Erstaunt und entzückt würden die Soldaten dann den Klängen lauschen und dabei vergessen, auf den Abzug zu drücken. Im Laufe der Zeit dann würden sie alt und grau werden und könnten die Finger nicht mehr bewegen.

Der Holländer persiflierte schließlich den berühmten Rockstar, der in Superlativen schwelgt, wenn er sich seinem Publikum zuwendet - "Ihr seid das größte und beste Publikum, daß ich je .. ." na, und so weiter. Dabei legte Herman van Veen jedoch einen Blues hin, der es in sich hatte und der zeigte, daß er auch musikalisch in der Lage ist, in viele Rollen zu schlüpfen.

Doch neben all der Aussage, die Herman van Veen pantomimisch und schauspielerisch darstellte, darf nicht die Aussage in seinen wunderschönen, poetischen und melodischen Liedern unerwähnt bleiben, in Liedern wie "Edith Piaf", "Signale" oder "Helden". Und es ist nicht zuletzt die starke und deutliche, aber ebenso sanfte Stimme von Herman van Veen, die beeindruckt.

Schließlich müssen Erik van der Wurff, Nard Reinders, Chris Lockers und Cees van der Laarse erwähnt werden. Sie fühlten sich als Instrumentali- sten ebenso in die verschiedensten Stimmungen ein, wie es der Poet, Sänger, Clown und Pantomime Herman van Veen tat.



Heike Rohlfs