Emder Zeitung
Rolf Klein

EZ-KRITIK zum Konzert in der Nordseehalle

Herman van Veen war einfach phantastisch!

30 jan 1984

Selten hat wohl ein Auftritt das Publikum so beeindruckt. Was da am Freitagabend sich ständig verwandelnd über die Bühne der Nordseehalle tobte, nannte sich schlicht und einfach Herman van Veen. Mit einer ungeheuren Energie, hervorragendem Kabarett und einer phantastischen Stimme zeigte sich ein Künstler, der seinesgleichen sucht.


Kritische, sanft vorgetragene Lieder wechselten ab mit Slapstik, Pantomime, Parodie und Wortspielereien. Wurden die über 2000 Zuschauer mal zum Nachdenken angeregt, so war es eine Sekunde später eine unnachahmlich witzige Clownsnummer. Aber Clown, das sagte er auch dem aus ganz Ostfriesland angereisten Publikum ganz deutlich, wollte er für die Deutschen nicht sein. Der 39jährige Holländer will durchaus ernst genommen werden.

Besonders die Sprachenvielfalt hatte es ihm angetan. Als Japaner, Russe, Franzose oder Amerikaner stellte er sich mit einfachen aber treffenden Mitteln verkleidet auf die Bühne und redete in der jeweiligen Phantasie-Sprache, was das Zeug hielt. Immer wieder übersetzte er den immensen Wortschwall, der stets einen Sinn ergab.

Untermalt von den Geräuschen eines Flughafens gehen in sekundenschnelle die verschiedensten Charaktere über die Bühne, das gleiche zu den Klängen von zackiger Militärmusik.
Herman van Veen als unglaublicher Verwandlungskünstler. Dann wieder spielt er mit einem Ping-Pong-Ball, mit einer Geige, oder setzt sich ans Piano.

In seinen Liedern klang oft ein wenig Melancholie. Probleme wurden lyrisch und kritisch zugleich durchleuchtet. Über die Arbeitslosigkeit: "Wie kann man ohne Arbeit wissen ob man existiert; der Rasierspiegel genügt doch nicht." Über einen Teil der Jugend: "Wer brach die Flügel Dir, bevor der Flug gelang?"

Begleitet wurde der Holländer von einer ausgezeichneten Band. Ob es leise Hintergrundmusik war, oder man van Veen bei einem fetzigen Blues begleitete, der Sound stimmte. Seine Natürlichkeit hat der Holländer noch nicht verloren. Er düste durch die Halle, setzte sich bei Zuschauern auf den Schoß, sprach mit dem Publikum.

Ein großer holländischer Nationalstolz war jedoch stets unverkennbar. Auch über Emden hatte er sich vorher gut informiert: "Emden war früher Holland. Hallo Emden in Ostfriesland; eigentlich Holland!" Kurze Zeit später aber gleich wieder die Umkehrung. Mit einem Lächeln auf den Lippen nennt er Emden nur noch Bielefeld.

Zugaben gab es reichlich. Das völlig begeisterte Publikum blieb auch nach der dritten noch klatschend in der Halle.

So spielte van Veen fast drei Stunden, bis er völlig durchnäßt die Bühne verließ.



ROLF KLEIN