Münstersche Zeitung
NORBERT NOWOTSCH

Spaß mit Wechselbädern

Stürmischer Beifall für Herman van Veens Clownerien

28 nov 1977

In Holland längst eine feste Einrichtung, nistet er sich in Deutschland nur allmählich in den Köpfen des Publikums ein: Herman van Veen, Dichter, Sänger, Rezitator, Darsteller und Clown, auf seiner Deutschlandtournee jetzt auch zu Gast in Münsters Stadttheater.


Das niederländische Unterhaltungstalent liefert ein hierzulande recht ungewöhnliches Programm. Zwar findet man auch in Deutschland engagierte politische oder sozialkritische Lieder, gibt es Nonsensshows oder zarte Chansons, jedoch hält sich jeder Bereich zumeist fein säuberlich voneinander getrennt. Hie professionelle "Botschafter", da berufsmäßige Blödier. Und bloß nicht miteinander vertauschen! Bei van Veen und seiner Mannschaft bekommt man nun nicht präzise vorgesagt, wo's lang geht. Da hüpft es hin und her, mal Emst, mal Spaß und auch mal auf und ab, im Niveau. Das verwirrt, hält aber auch die Aufmerksamkeit wach. Zu sehen und hören gibt es genug.

Herman van Veen zieht Tanz und Bewegung, Mimik und Gestik einem umfangreichen Kostüm- und Requisitenpark vor. Ein Scheinwerfer hier, ein wenig Rauch da und Konfetti aus einem Kindergummistiefel. Dahinter, davor und dazwischen bewegt er sich, den Bühnenraum nutzend, singend, schreiend, flüsternd und spuckend - unaufdringlich, aber mit bestechender Perfektion untermalt oder kontrastiert von seinen Musikern. Im Ensemble, im Duo oder Solo beeindrucken gleichermaßen Gitarrist Harry Sacksioni, Tastendrücker Erik van der Wurff, Martijn Alsters an der Flöte, Ger Smit mit seiner Posaune und der Tubaspieler Hans Koppes. Van Veen komplettiert das Mini-Orchester mit seiner Geige, auch hier zwischen kammermusikalischen Schmeicheleien und saitenzersägenden Clownerien.

Trotz dieser Wechselbäder blieb die musikalische Seite das Rückgrat des Programms, beständiger, bestätigender.
Vielleicht waren es nur Sprachprobleme, die einen Vers oder eine Aussage ab und an hölzern bis platt klingen ließen, vielleicht waren es aber auch bewußt geplante Stimmungswechsel. Der Set nach der Pause klang ohne Zweifel gekonnter, besser durchstrukturiert. Atemberaubend van Veens Mehrsprach-Stakkato, sein Geigen-Duell mit Harry Sacksionis Banjo. Viel geschieht fast nebensächlich, und immer wieder ist man geneigt zu fragen: War das jetzt spontan oder geplant?

Spontan war sicherlich der begeisterte Beifall des Publikums, der die Künstler bisweilen zu Atempausen zwang. Von den stürmisch geforderten Zugaben gewährte van Veen nur eine. Ein jeder Spaß hat sein Ende.



NORBERT NOWOTSCH