Westfallische Nachrichten
Hans-Dieter Hi11moth

"Hallo Herman, hier ist Dirk"

27 okt 1979

Münster (Eig. Ber.). 45 Minuten vor der WN-Telefonfragestunde lag Herman van Veen (34) noch sanft schlummernd im Bett. In seinem Ascheberger Hotel absolvierte er sein Nachmittags-Nickerchen. Beim anschließenden "Morgen"-Tee äußerte der niederländische Entertainer dann vorsichtige Skepsis: "Ob wohl überhaupt Leute anrufen?" Als Herman van Veen dann wenig später in der münsterschen WN-Redaktion am "Direkten Draht" saß, liefen die Telefone heiß - und der sympathische Niederländer befand stolz: "Total wahnsinnig. Sonst hat man ja immer das Gefühl, man ist ganz alleine in seinem Beruf.-."


Zwischen zwei Konzerten in der Halle Münsterland (am Donnerstag und Freitag) stand der Tänzer, Sänger, Schauspieler, Pantomime und Spaßmacher van Veen gestern zwischen 17 und 18 Uhr den WN-Lesern am Telefon Rede und Antwort.

Die Aktion "van Veen" lief minutiös geplant ab: Um 16.30 Uhr kletterte der sensible Künstler zusammen mit Manager und Fahrer in die eigene grüne Luxuslimousine, made in Großbritannien. Taxifahrer Tobislaw Lazi (38) aus Münster fuhr als rollender Wegweiser voraus. Über die Autobahn ging's dann Richtung Redaktion.

Und angesichts der angespannten Verkehrslage am Freitagnachmittag gab Lazi per Funk,.seiner Zentrale und der WN-Redaktion stets den genauen Standort durch: "Damit die Anrufer nicht so lange warten brauchen!" Punkt 17 Uhr rollte das van Veen-Team schließlich auf den Hof der WN-Redaktion an der Soester Straße. Von dort aus ging's noch zwei Treppen hinauf in die Redaktionsräume - es durfte gefragt werden.<TITLE> 1 "Hallo Herman! Hier ist Dirk", meldete sich der erste Anrufer. "Darf ich Dich duzen", klang es aus dem Telefon. Van Veen: "Kein Problem!"

"Ob er, Herman, nicht bald seine : Biographie schreiben wolle", begehrte dann Andreas Nutt (14) zu wissen, seines Zeichens Schüler aus Wolbeck. Der niederländische Entertainer konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen: "Ich bin doch noch viel zu jung, oh Mann", kicherte Herman van Veen in seinem fabelhaften Deutsch - mit niederländischem Einschlag: "Eine Biographie werde ich erst ein paar Momente vor dem Sterbebett schreiben!"

Wieso er denn so gut Deutsch sprechen könne, wollte dann partout Anrufer Gregor Weldert erfahren. Er habe es mit viel Mühe gelernt, kam die Antwort. Und, so der Originalton van Veen: "Ich kann mich ein bißchen verstehbar machen!" Dann er- ; zählte er noch ein wenig über seine zwei Monate dauernde Europa-Tournee: "Ich freue mich, dann wieder mal nach Hause zu kommen, nach den Kaninchen zu sehen und so ..."

Nach diesem "Zuhause" erkundigte sich auch Susanne Mayer (12), Pennälerin am Kinderhauser Gymnasium: "Wo wohnen Sie eigentlich." Antwort: "In der Nähe von "Chauda", dort wo der Käse herkommt." Für alle diejenigen, die Herman van Veen schreiben möchten, hier die komplette Anschrift: Herman van Veen, c/o Harlekijn, Kerkdijk 11, Westbroek, Niederlande.)

Und Susanne Mayer erfuhr noch etwas: "Ist van Veen eigentlich Ihr richtiger Name?" Ja, bekannte der Künstler: "Ich heiße Hermanus Janti- nus van Veen. Zufrieden?" Susanne war's. Sie räumte die Leitung für Ludwig Reismann.

Der war extra aus Karlsruhe nach Münster gereist, um den "langen Blonden mit der sanften Stimme" auf der Bühne sehen zu können. Entsprechend erfreut war er über die Telefon-Fragestunde der WN: "Klasse, daß man hier mit Herman reden kann." Herman van Veen berichtete ihm über die Aufnahme einer neuen Langspielplatte in der kommenden Woche in Hamburg. Wie er denn zur Musik gekommen sei? "Angefangen habe ich mit klassischer Musik", lautete die Antwort van Veens, "aber die machen andei Leute viel besser als ich. Deshalb bi ich Entertainer geworden!"

Es gab aber auch Kritik per Teh fon: Beim Konzert am Donnerstaj abend sei er wohl zu perfekt gewese und nicht genug aufs Publikum eingi gangen, monierte Birgit Böhmer (25 Lehrerin in Essen. "Kann sein", meii te Herman van Veen dazu, "wir h< ben das ganze Programm total umgi schmissen - und da war ich wahr sinnig konzentriert!" Er habe dennoch "alle meine Fer ster auf gehabt". Aber er, van Veei versprach dennoch, sich die Kriti nochmal durch den Kopf gehen z lassen: "Es geht mir sehr am Herzei was Du sagst." Und: "Heute aben werde ich aufpassen ..."

Kritik hagelte es auch zum Them Eintrittspreise. Manfred Erdenber (24) beispielsweise fand die Höhe de Preise schlichtweg "happig" und hiel dem Niederländer in diesem Zusam menhang seine "doch ansonsten seh sozialkritischen Lieder und Texte vor. Herman van Veen war sprachlos "Darum habe ich mich bisher nie ge kümmert." Andererseits sei die Pro duktion wohl auch sehr aufwendig .. Dann fügte er noch, durchaus ernst zunehmen, hinzu: "Ich glaube, icl muß da einen Detektivdienst organisieren."

Von einem Münsteraner erfuhr var Veen dann die Bedeutung des Wort chens "Send" ("Hab' keine Zeit hin zugehen"), kündigte künftige Aktiv! täten auch in Amerika an - und hatte ganz zum Schluß noch einen Kollegen in der Leitung: Keinen Sänger sondern einen Gartenfachmann.

Dem 18jährigen Kaufmann und Ra- senmäher-Verkaufer Ludger Gunne- mann verriet Herman van Veen nämlich seine gärtnerische Leidenschaft: "Mit Rasen kenne ich mich aus." Dies nutzte Gunnemann zu einer Fachfrage: "Würden Sie den Zierrasen über den Winter lang lassen?" Herman van Veens Antwort von Kollege zu Kollege: "Ab Ende Oktober mähe ich nicht mehr!"

Sprachs und entschwand in die Halle Münsterland, zum zweiten Auftritt in Münster.