Lübecker Nachrichten
Maike (16)

„Dann schieß los!“ sagte Herman van Veen zu mir

27 sep 1985

Maike mag Herman van Veen und seine Lieder — und sie hat geschafft, was zuerst unmöglich erschien: Mit Herman van Veen in Lübeck zu sprechen, der sonst während einer Tournee keine Interviews gibt. Hier ist ihr Bericht: Endlich hatte ich den Tourmanager erweichen können. Nach dem Konzert durfte ich hinter der Bühne auf Herman van Veen warten, warten fast eine Stunde lang in der Ungewißheit: Ob er's machen wird? Ob er mir das Interview gibt?
Ich wurde vertröstet, es wurde wohl noch dauern, ob ich nicht morgen könne, oder wollen wir es am besten nicht ganz fallenlassen? - Ach, nein, bitte, nur noch fünf Minuten, oder kann ich ihn nicht selbst fragen? Durch einen Zufall bekam ich die Gelegenheit, sah ihn vorübergehen und sprach ihn an. Und er sagte spontan: morgen gegen 18 Uhr.

Endlich klappte es.


Am nächsten Tag, nach einer mir endlos erscheinenden eineinhalbstündigen Probe, als ich schon alle Hoffnungen aufgeben wollte, nahm er mich dann doch -noch ganz kurz vor Beginn des zweiten Konzertes in Lübeck— mit in seine Garderobe, lächelte und sagte: „Schieß los!"

Frage: Sie werden - unter anderem - als Entertainer, Clown, Geschichtenerzähler bezeichnet. Sie sind so vielseitig engagiert: Musik, Theater, Texte. Als was sehen Sie sich selbst?

Antwort: Ich sehe mich vor allem als einen singenden Clown.

Frage: Am Anfang Ihrer Karriere hatten Sie mit einem richtigen Schlager großen Erfolg. Er wurde ein Hit. Warum haben Sie diesen Weg nicht weiterverfolgt?

Antwort: Weil man dann schnell zum Schlachtopfer seines eigenen Erfolges wird und nur noch singen kann, was das Publikum von einem erwartet.

Frage: Was wollen Sie mit Ihren Liedern erreichen?

Antwort: Daß die Leute ’nen schönen Abend haben.

Frage: Welches Ihrer Lieder haben Sie denn besonders gern?

Antwort: „Ich heb' dich noch“ ist es wohl noch immer.

In fremder Sprache

Frage: Sie singen oft in Fremdsprachen, in deutsch z. B.: Haben Sie dennoch das Gefühl, all das ausdrücken zu können, was Sie bewegt. —

Antwort: Ja, obwohl es in einer fremden Sprache schwieriger ist.

Frage: Bei Ihren Konzerten kommen Sie meist von hinten -durch das Publikum hindurch -zur Bühne und verlassen sie so auch wieder - warum?

Antwort: Weil ich einer von ihnen bin.

Frage: Was erwarten Sie denn von Ihrem Publikum?

Antwort: Daß es so reagiert, wie es meine Lieder empfindet.

Frage: Bei all' Ihren Auftritten wirken Sie ruhig, sicher - den- noch spontan. Haben Sie nie Lampenfieber?

Antwort: Doch, immer.

Frage: Sie sollen einmal gesagt haben: „Ich will das Bewußtsein vermitteln, daß jeder Mensch verdammt viel tun kann." Wie haben Sie das gemeint?

Talente entfalten

Antwort: Ich finde, daß die Menschen schon sehr früh mit Ängsten und auch in der Schule mit Zeug vollgestopft werden, das sie in zehn Jahren schon nicht mehr brauchen. Jeder sollte zwar eine Grundlage an Informationen erhalten, aber vor allem doch seinen Talenten nachgehen und sich frei entfalten können.

Frage: Sie sind z. Zt. nicht nur in Deutschland so populär, sondern vielleicht auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere überhaupt. Es gibt ein Sprichwort, das sagt, man solle aufhören, wenn es am schönsten ist. Wie sehen Sie das? Haben Sie schon einmal an Abschied gedacht?

Antwort: Nein, ich bin erst 40 und werde singen, bis ich tot bin. Das kann morgen sein oder in 40 Jahren.


Und er geht, und er singt...



Maike (16)