Berliner Morgenpost
Lubo

Hermann verzaubert erneut seine Fans

27 mrz 1986

Die Hochschule der Künste war fast ausverkauft. Gläubig hatte sich die Fangemeinde versammelt. Man wußte, was man von seinem Star zu erwarten hatte, wollte ihn so (wieder-)erleben, wie man ihn das letzte Mal verabschiedet hatte - fröhlich, pessimistisch, von anrührender Melancholie und überdrehtem Witz, als Kobold, der seinen Kopf auch dann oben behält, wenn er eigentlich ganz unten ist.


Hermann van Veen erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen. Er überrascht eigentlich nicht mehr, dazu war er zu oft in dieser Stadt, die ihn ja mit entdeckt hat vor vielen Jahren. So kam es zu einem routinierten Familientreffen - was nichts gegen Hermann van Veens Güte sagt.
Man bestätigte sich gegenseitig seiner Überzeugungen. Wogegen Hermann van Veen auch immer Protest anmeldet, sein Publikum ist gleicher Meinung. Man versichert sich sozusagen beiderseits der Rampe des gemeinsamen Unbehagens. Man ist unter sich. Und wenn einer im Publikum sich nicht so recht zu artikulieren versteht - Hermann nennt die Dinge auch in seinem Namen mit. Das macht die Kommunikation einfach. Und sichert den Applaus.

Und dort fangen für mich die (kleinen) Schwierigkeiten mit Hermann van Veen an. Der Holländer kann ja eine ganze Menge. Er ist sympathisch und intelligent. Er ist musikalisch. Er kann seine Instrumente spielen. Er kann singen und mit seiner Stimme ebenso beschwören wie betören. Er ist ein immens begabter Komödiant und erinnert in seinen Harlekin-Auftritten an die besten Momente eines Charlie Rivel oder Grock. Doch er kann es nicht bei seinen Talenten belassen.
Sein Sendungsbewußtsein läßt ihn ausufem; seine Zwischentexte sind oft länger, als seine Lieder. Und selbst, wenn man Texte und Lieder als gemeinsamen Programmpunkt verstehen will, kommt die von ihm gewünschte poetisch-realistische Stimmung doch nur immer schubweise auf.

Wenn er aber den Punkt trifft („Wenn ein Mann einen Mann liebt, regt man sich auf. Wenn ein Mann einen Mann foltert, kümmert sich niemand darum“), zeigt sich seine hohe Könnerschaft. Hermann van Veen gehört ohne Frage zu der kleinen Schar der großen internationalen Entertainer. Das Publikum feierte ihn anhaltend und lauthals.
Bis zum 28. März ist Hermann-van-Veen-Zeit in der Hochschule.



Lubo