Kurier
Günther Baumann

Herman van Veen im Konzerthaus:

Zauber-Künstler

27 mrt 1982

Es ist unmöglich, sich der Ausstrahlung dieses Mannes zu entziehen - Herman van Veen, Liedermacher aus Holland, legte am Donnerstag abend eine Art von Zauber über das Auditorium des Wiener Konzerthaussaales, Singend, spielend, tanzend erzählte er Geschichten vom Menschsein; schöne Geschichten und traurige: Ein Illusionskünstler, der sich die Welt zum Thema genommen hat und aus rauhen Realitäten zarte Träume machen kann. Ein Mann, der der schlichten Aussage "Laß dich nicht unterkriegen - das Leben ist schön" das Gewicht eines philosophischen Essays verleiht.

Von seinen Schallplatten kennt man van Veen als einen Poeten, der präzise Formulierungen mehr schätzt als den schillernden Glanz wortgewaltiger Bilder. Diese Eigenschaft bringt er auch auf die Bühne mit, doch erhält seine Performance eine zusätzliche Dimension: van Veen regt die Phantasie seines Publikums an und nutzt sie ganz bewußt.
Seine Intensität kommt nicht zuletzt von der Fähigkeit, mit geringsten Mitteln ein ganzes Universum darzustellen: Wenn van Veen einen Golfball zur Erde erklärt, dann vermeint man auf der kleinen Kugel Kontinente zu entdecken; wenn er in einem Monolog, den Kopf himmelwärts gerichtet, Gott anspricht, dann hat man das Gefühl, dort oben könnte wirklich jemand zuhören.

"Ich glaube aufrichtig daran, daß die Welt als Gegebenheit vollkommen und gut ist", wird van Veen im Programmheft zitiert. Seine Zuhörer in Wien hat er mit dieser Botschaft fröhlich und glücklich gemacht.



Günther Baumann