Göttinger Tageblatt
TERS

Der Entertainer van Veen in der Stadthalle

27 jan 1984

Hermann van Veen kennt man - meint man. Wer aber den holländischen Sänger und Entertainer diese Woche in der Stadthalle erlebt hat, hat - zumindest teilweise - einen neuen van Veen erlebt; einen, den man so nur live, nicht per LP kennenlernen kann.


Denn das neue Programm, das unter dem Titel "Signale" steht, enthält neben vielen wunderschönen Liedern gewohnter Qualität und der erwartungsgemäß, aber immer wieder überraschend brillanten und variationsreichen Musik der Band um Herman van Veens musikalischen "Zwilling" Erik van der Wurff manches Detail, das dann doch überrascht. Denn der Musiker erweist sich zwischendurch in kleinen Szenen in Pantomimen und Monologen als Harlekin im umfassenden Sinne.

Dabei produziert er allerhand Dönekes, auch viel Hintersinniges, aber eben auch Klamauk wie in "Der Kinderwagen" und verzichtet nicht auf Wiederholungen (plapperndes Französisch, Russisch, Chinesisch ...), die sich in ihrer Wirkung verbrauchen. Da ist die Show bisweilen unerwartet grell und laut, auch in so gekonnten Nummern wie der Rock- bzw. Blues-Parodie (mit Anklängen an Jango Edwards - hat van Veen das nötig?).

Am besten ist dennoch der stille, der hochmusikalische, der tiefsinnige, der nachdenkliche, der optimistische, der realistische Herman van Veen, der kleine Erfahrungen und große Probleme, Privates und Persönliches zu wunderschönen Liedern verarbeitet. Liedern, die - neu oder alt - eine Spannung, eine Konzentration und Stille erzeugen, die dann auch ein überraschendes Piano-Solo von van der Wurff trägt.

Herman van Veen ist ein Entertainer durch und durch, einer, der seine voll durchchoreogra- phierte, technisch perfekt aufbereitete Show konsequent und mit der nötigen Routine über die Bühne bringt - und der doch flexibel bleibt, das Publikum anspricht und einbezieht. Es folgt seinem langen Programm mit Begeisterung und läßt ihn und sein Quintett erst nach vielen Zugaben von der Bühne - alles andere als enttäuscht, daß dem Holländer seine im turbulenten Finale selbst gestellte Aufgabe auch diesmal wieder nicht gelungen ist: "das Dings da" (gemeint ist der Kronleuchter) "herunterzusingen".

Im Gegenteil: man freut sich auf seinen nächsten Versuch.



TERS