Ruhr Nachrichten
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Hermann van Veen verzauberte Publikum

26. sept 1989

Unna, (se-) Ist er Clown, Liedermacher, Schauspieler oder Akrobat ? Wenn er leise auf die Bühne tritt, sein Publikum fast unmerklich an die Hand nimmt und in eine Welt der komplexen Bezüge führt, in der die Ebenen ständig wechseln, ist er von all dem etwas, ist er Hermann van Veen, der beschwört, bespricht und geduldig besingt, was wirklich sein könnte, wenn die Wirklichkeit nicht immer wieder alle Träume zunichte machen würde.


Der Niederländer mit dem schütteren Haar, dessen wasserheller kritischer Blick mit unbeirrbarer Menschenfreundlichkeit einhergeht, hatte am Sonntagabend auch in der Unna-er Stadthalle sein Publikum gefunden, ein Publikum, das sich „verzaubern" läßt, mitträumt und wie hypnotisiert aufnimmt, was Hermann van Veen zu sagen hat.

Wenn er etwa schildert, wie deutsche Soldaten an seinem Geburtstag durch die regennassen Straßen von Utrecht marschierten oder augenzwinkemd von den abschweifenden Gedanken des kleinen Hermann mit dem Spitznamen „Hempie" (Hemdchen) in der Schule erzählt, verdichtet er das Bild eines Jungen, der von einer friedlichen Welt träumt, obwohl sie voller Konflikte ist. Und das taucht dann auch wieder auf beim imaginären Telefongespräch mit seiner Tochter Anne, der er rührend schildert, warum er nicht bei ihr sein kann, bis dieses Gespräch durch die Rückkehr der Mutter vom „Bodybuilding" jäh unterbrochen wird.

Aber das Bild des optimistischen T räumers erhält eine andere Facette, wenn er Tage beschreibt, die wie „ein Griff ins Klo" sind, wenn er die Mitträumenden durch Blitz und Donner auf 'er Bühne weckt und gegen Lauheit, Trägheit oder Überheblichkeit wie ein Berserker tobt.

Der unbeschreibliche Harlekin weiß sein Publikum zu faszinieren und weiß dies selbst nur allzugut. Er geht mitten hinein in die Stuhlreihen, sucht Hautkontakt, riecht an seinen Händen, sagt „Unna!" und hat die Lacher auf seiner Seite. Aber er bedankt sich mit der ihm eigenen Ironie und Improvisationslust auch bei ihm, indem er Jacques Brels „La chanson des vieux amants" eine Strophe „Unna - na und..." hinzufügt.

Kein Wunder, daß bei ihm die frenetisch geforderte Zugabe fast eine halbe Stunde einnimmt.



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