Duerener Nachrichten
CHRISTOPH HAHN

Harlekin mit Kinderherz

„Bis hierher und weiter“: Herman van Veen gastierte in Aachen

25 okt 1988

AACHEN - „Harlekljn“ - so heißt Herman van Veens Produktionsfirma. Und ein Harlekin ist auch der Künstler, der dahintersteckt. Von draller Komik bis hin zum Ein-Personen-Drama apokalyptischen Zuschnitts hat er so ziemlich alle Töne drauf, die auch seine „großen“ Vorbilder auszeichnen. Kein Wunder, daß das Publikum im Aachener Eurogress vor Begeisterung raste. Am Sonntag und Montag gastierte dort Herman van Veen mit dem neuen Programm „Bis hierher und weiter“.


Im Verlauf eines jeden Abends zog der 43jährige Niederländer mit dem großen Kinderherzen alle Register, die ihm zur Verfügung stehen. Schon beim Auftritt ging’s los: Unter Blitzen und Gewitter kam van Veen auf die Bühne, geleitet von einer riesigen weißen Hand. Was danach ablief, war eine Show fern jeder Beiläufigkeit und Leichtfertigkeit. Da war ein Entertainer im besten Sinne am Werk.

Mal leise, mal lauthals röhrend pflanzte van Veen seine Botschaft ins Hirn. Diese Botschaft indes, bei der es vor allem um Schritte zu mehr Menschlichkeit und Frieden auf ganz persönlichem Gebiet geht, ist eine Botschaft mit Zeitzünder-Effekt. Es bedurfte §£hon eines ganz bewußten Zuhörens, bev4/einem mit sekundenkurzer Verzögerttilg der tiefe Gehalt der Worte gleich einer kämen Bombe 'aufging.

Große“ und „kleine“ Themen - alles das hatte van Veen bunt gemischt. Da ging es bei „Anne“ um die Gefühle eines frischgebackenen Vaters, in „Nichts ist sicher“ um die Zukunftsängste der Menschheit. Schicksalsschläge, Träume, Lebensgefühl, Poesie und Zeitkritik - alles das vermittelte der Musiker stets glaubwürdig ohne pädagogischen Zeigefinger über die persönliche Ebene.

Es ging nicht um Worte allein. Zu schön war das, als das Multitalent auf der Schmalseite eines Tuches eine silbernen Kugel balancierte oder nach guter Schildbürger-Tradition das Licht einzufangen versuchte.
Auch der derbe Klamauk fehlte nicht. So machte sich van Veen bei „You’re so nice“ und „San Pedro“ über das affektierte Gebaren moderner Popstars (speziell: Madonna) lustig und zog in „Spiel, Satz, Sieg“ Boris Becker durch den Kakao. Ob der Niederländer fetzte, konvulsivisch zuckte oder in Zeitlupe den Tennisschläger schwang - es war eine wahre Lust!

Der Erfolg van Veens war freilich nicht sein persönlicher Erfolg allein. Da waren vor allem die drei Musiker Erik van der Wurff (Synthesizer), Nard Reijnders (Saxophon, Klarinette, Akkordeon) und Cees van der Laarse (Bassgitarre, Kontrabass), nicht zuletzt aber auch die Puppenspielerin Elske Lück.


Und daß sich van Veen selbst auf diversen Instrumenten und mit seiner Stimme als wirklich großer Künstler mit hervorragendem Können bewies, versteht sich ja wohl von selbst.



CHRISTOPH HAHN