DIE GLOCKE

Blaue Flecken

25. feb 1990

„Was auch immer passiert, mein ganzes Leben fang ich an, um viertel nach acht zu spielen, was ich schön finde; zu singen, was ich denke; und ich weiß noch immer nicht, was das werden soll“, schrieb Herman van Veen einmal über seine Arbeit. Und in einem Interview mit der belgischen Zeitung De Morgen ergänzte er vor drei Jahren zu seinem Balanceakt zwischen Wirklich- und Möglichkeiten: „Ich bin nie ein Tänzer gewesen, und trotzdem mache ich Popmusik. Ich war nie ein Sänger oder Violinist in der klassischen Bedeutung der Worte, und trotzdem singe ich und spiele Geige.“


Ob Herman van Veen nun Sänger, Schauspieler, Komödiant, Clown, Entertainer, der Erbe von Ton Hermans, Hollands Kabarett-Fixstern, oder sonst etwas ist - darüber mögen sich schubladenschreinernde Experten streiten. Sein großes Publikum jedenfalls -und nur das zählt für ihn persönlich - nimmt ihn, wie er ist: eine singuläre Erscheinung zwischen Stars und Sternchen, eine Insel der Vernunft inmitten eines Meeres voller Unsinn (und umgekehrt), ein Mann, der ehrlich, glaubhaft und in überragendem Maße kreativ ist.


„Blaue Flecken“, so der Titel seiner letzten LP, sind für Herman van Veen ein untrügliches Zeichen für Leben. Und so vereint er unter diesem Titel Betrachtungen, Anmerkungen, Fragen oder auch „nur“ Impressionen zu den Wechsel-, Zwischen- und Überfällen, die wir uns im Laufe des Daseins selbst einbrocken oder bescheren lassen.

Manche der neuen Lieder entstanden mit bewährten holländischen Mitarbeitern van Veens und seinem langjährigen deutschen Texter, Thomas Woitkewisch. Andere musikalische oder textliche Akzente setzen Heinz Rudolf Kunze und Manfred Maurenbrecher -oder soll man lieber sagen, die bringen dem aufmerksamen Zuhörer weitere blaue Flekken bei?
(Polydorj