Westfallische Nachrichten

Auf Tiefenwirkung ausgerichtete Vorstellung

H.van Veen sorgte für unvergeßliche Stunden anspruchsvoller Unterhalt

24 dez 1984

Münster. Mit seinen beiden „Signale“-Vorstellungen in Münster beendete Herman van Veen seine diesjährige Mammuttournee, in deren Verlauf er Tausende von Zuschauern und -hörern begeisterte. Für viele war der Besuch bei dem niederländischen Multi-Talent ein Ereignis, das bleibende Eindrücke hinterlassen hat.


Herman van Veens Vortrag erschöpfte sich nicht im bloßen Konzert, dem reinen Abspielen seiner Lieder und Texte, die wohlgemerkt an sich auch schon lohnen würden. Nein, der holländische Harlekin hatte ein bemerkenswert breit gefächertes Spektrum an Vortragskünsten in petto, ohne jemals in vordergründigen Klamauk abzugleiten.

Clownerie, Tanz, Gestik und Mimik -all diese Fähigkeiten setzte er zielbewußt ein, um die Inhalte seiner Stücke zu unterstützen: Mal eindringlich flüsternd, mal in lockerem Unterhaltungston redend, dann wiederum völlig unvermittelt in einen Schrei ausbrechend hielt er das Publikum in Atem.
Wohl kaum ein Besucher konnte sich teilnahmslos in seinen Sitz zurücklehnen und das Programm ausschließlich konsumieren. Herman van Veen verstand es, die Menschen aus ihrer Lethargie zu reißen, zu provozieren, ohne zu verletzen.
Oft überrumpelte er den Zuhörer mit einer unerwarteten Pointe, die einem melancholischen Text eine humorvolle Note verlieh und dem Besucher ein befreiendes Lachen gönnte, während im letzten Satz eines clownesken Stücks eine solche Wendung enthalten sein konnte, daß einem das Lachen im Hals steckenblieb.

Die Reaktionen des Publikums waren dementsprechend; teilweise zögernder, teils herzlicher, teils gelöster Beifall bewies, daß die Leute betroffen waren. Das Programm umfaßte einfach zu viele Richtungen, um alles erschöpfend zu behandeln. Das Thema, auf das sich aber alle diese Richtungen letztendlich zurückführen ließen, war Menschlichkeit.

Ob er seine künstlerischen Vorbilder besang, gegen Atomraketen wetterte oder gegen anderen Unverstand zu Felde zog, er wirkte vor diesem Hintergrund immer glaubwürdig. Auch sein schlichtes Lied „Ich hab' ein zärtliches Gefühl“, und das nostalgische „Hilversum III“, zwei von sechs Zugaben, muß man in diesem Zusammenhang verstehen.

Zur letzten Zugabe - nach fast dreieinhalb Stunden Programm - erschien das Unikum aus Utrecht im Bademantel, als Zeichen, daß nun wirklich Schluß sein mußte.
Der Erfolg der Tournee kam nicht von ungefähr. Die Produktion zeichnete sich durch absolute technische Perfektion aus. Die Musiker auf der Bühne, Nard Reijnders an Saxophon und Akkordeon, Chris Lookers an der Gitarre und Cees van der Laarse an den Bässen, harmonierten hervorragend mit dem Gesang Herman van Veens. Er und der Tastenmann und musikalische Arrangeur Erik van der Wurff verstehen sich beinahe blind.

Die „unsichtbaren Herren" hinter und vor dem Podium rundeten durch ihr fundiertes Können im Licht- und Tonbereich die ganze Show ab, ohne daß die Effekte aufdringlich wirkten.
Sie waren sparsam eingesetzte, aufeinander abgestimmte Mittel zu dem Zweck, Aussagen „rüberzubringen".

Das ist vorbildlich gelungen.