Westfalen Blatt
Johan Crasemann

Herman singt neue Lieder: leise und schön

24 okt 1981

Kleine Mädchen lieben ihn, und erwachsene Männer auch. Herman van Veen heißt der sympathische Holländer, von dem hier die Rede, ist. Das heißt: Die Rede ist mehr von einer neuen Platte. Und von einem bevorstehenden Auftritt-ganz in unserer Nähe!


Wenn er seinen Beruf in die knappen Spalten eines amtlichen Formulars eintragen soll, hat er immer Schwierigkeiten. Denn da müßte eigentlich stehen: Entertainer, Clown, Erzähler, Pantomime, Sänger, Geiger, Komponist, Film- und Theaterschauspieler, Drehbuchautor und vieles mehr. Aber er nennt sich selbst nur "Unterhalter": Herman van Veen, der große Niederländer mit der Stimglatze, hat eine neue Platte gemacht.

"Die Anziehungskraft der Erde" heißt die nunmehr elfte Scheibe des Mannes aus dem platten Nachbarland und es ist ein Album geworden, das wie alle vorher auch, überzeugend geraten ist.
Nach einem Konzert in einer kleinen südniederländischen Stadt erschön zählt er mir hinterher, nachdem er das Publikum eigenhändig aus dem Saal komplimentiert hat und ihm dazu sogar noch die Türen aufmachte (sie wollten einfach nicht gehen): "Ich kenne mein Metier und weiß, was ich sagen müßte, um etwas zu erreichen. Aber dafür bin ich zu alt..."

Ungewohnte Töne für einen 36jährigen. Aber so ehrlich setzt er seine Ideen eben auch musikalisch um. Dabei ist er (glücklicherweise!) in keine der so beliebten musikalischen Schubladen einzuordnen; er ist kein Liedermacher, kein Chansonier, kein Schlagersänger, er ist Herman van Veen. Er überredet seine Zuhörer nie, er gewinnt sie. Für seine Aussagen.

Leise, einfach und zurückhaltend singt van Veen mehr für das Herz als für das Hirn seine Lieder vom Glück, auch einmal allein zu sein ("Einsam, zweisam, dreisam), von Leuten, die alles und jeden für ihr Schicksal verantwortlich machen, nur sich selbst nicht, (Schicksal") und er stellt seine Hauptfiguren nicht auf glitzernde Podeste, umspült von Wellen unechter Gefühle. Mit traumhafter Sicherheit zieht er dafür die Grenze zwischen Kitsch und Poesie, läßt "seine" Gestalten bereits nach wenigen Minuten zu altvertrauten Bekannten werden.

Dabei instrumentiert Herman van Veen alle zwölf Lieder auf der neuen Platte nur mit akustischen nicht also per Kraftwerk verstärk-, ten Instrumenten, ohne jeden Schnörkel und ohne bombastische Aufgeblasenheit. Herman van Veen hat Gesänge zum Zuhören gemacht, und er macht es einem leicht, ihm zuzuhören. Wer die Scheibe einmal auf dem Plattenteller liegen hatte, läßt sie so rasch gewiß nicht verstauben.

In diesen Tagen ist der sympathische Niederländer auf Deutschland-Tournee - wobei er nach umjubelten Abenden vor ausverkauftem Haus in Bielefeld und Osnabrück noch einmal in unsere Nähe kommt: nächsten Monat, am 26. November, gastiert Herman in Münster.

Sein erstes Konzert der Herbstsaison in Ostwestfalen vor zwei Wochen war eine Sternstunde für seine Freunde.



Johan Crasemann