Lubecker Nachrichten
Jutta Mann

Der sanfte Holländer hat sich verändert

24 sept 1985

Lübeck. Schwarz die Bühne, schwarz die Kleidung, von teilweise schwarzem Humor die Texte seiner Lieder - so präsentierte sich Herman van Veen vom Freitag bis zum Sonntag in einer an allen Tagen fast ausverkauften Lübecker Stadthalle.


Es scheint, als habe sich der sanfte Holländer verändert. Seine Texte sind härter geworden, vielleicht unbarmherziger. Weg sind die zarten Kinderlieder, die gefühlvollen Liebesgeschichten und Gedichte. .Een Holländer“ zeigte van Veen von einer anderen Seite.
Er verpackt seine neuen Lieder in abstrakte Geschichten. Die erzählen von Krankheit und Tod, Vergewaltigung, Mißtrauen, Abschied. Bei allen Liedern, den ruhigen wie den lauten, ist er ständig in Bewegung. Keine Minute, in der auf der Bühne nicht etwas geschieht:
Ein verrückter Tanz, eine Mutprobe, eine Verwandlung, eine Flucht - eine insgesamt ungewöhnliche Synthese aus Musik und Spiel.

Daß der Traumtänzer, Zyniker und Pantomime noch immer anders kann und will, das zeigt er unter anderem in der Zugabe. Da stellt er sich ganz ruhig hinter sein Mikrofon und kramt „das zärtliche Gefühl" hervor.

Bei der Zusammenstellung des Programms bewies van Veen insgesamt eine glückliche Hand. Das machten auch die Zuschauerreaktionen deutlich, die dem Allround-künstler Zugaben von mehr als 30 Minuten abverlangten.

Entgegen seinen alten Gewohnheiten ließ der 40jährige Holländer bei seinem Lübecker Gastspiel seine Geige unberührt am Rand der Bühne liegen.



Jutta Mann