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die Welt Michael Jürgs |
Das gefeierte Gastspiel wird wiederholt |
22 okt 1975 |
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Im ausverkauften Deutschen Schauspielhaus gastierte der holländische Entertainer Hermann van Veen. Das mit Trampeln und Bravo-Rufen gefeierte Gastspiel wird am 1. November im CCH wiederholt. Der Unterschied zwischen Herren-witzchen-Otto und Kleinkunst heißt Hermann van Veen. Gäbe es in der Hamburger Inzucht-Szene nur einen Entertainer dieses Kalibers, hätte sie als Szene Zukunft. Da mag sich auch mancher Hans ein Scheibchen davon abschneiden. Die Basis des zweistündigen reinen Genusses (auch unreine Gedanken können kulinarisch sein) ist die musikalische Gruppe des Hermann van. Veen. Kein Statist hinterm Verstärker, fünf Könner, die mitspielen und nicht nur begleiten. Darauf baut van Veen. Wenn er sich in nur scheinbar spontanen (aber wohl geübten) Improvisationen ergeht, die nicht selten bei Dada enden, weiß er hinter sich die Perfektion an verschiedenen Instrumenten. Da läßt sich getrost turnen auf dem Ast des Absurden, weil beim Absturz stets das Netz wartet. Was van Veen macht, ist denkbar, schlicht. Sein Ländsmann Toon Hermans hat vor zehn Jahren ähnlichen Erfolg gehabt mit Alltags-Poesie, Liedern ohne Schmalz mit Salz und einer Grotesk-Pantomime, die nie die Perfektion eines Marceau erreicht, dafür aber vom Publikum nachvollziehbar und so ursprünglich wird. Er singt mit der gleichen Überzeugungskraft von den "klitschnassen Clowns" (und beschreibt par excellence einen bürgerlichen Sonntagnachmittag) wie von der einsamen "Oma", deren Alltag nur noch Erinnerung ist und weiß gestapelte Bettlaken. Seine Aphorismen kommen nie gestelzt nach dem Motto: Achtung, jetzt höret die Signale, sondern beiläufig wie Tag und Nacht. Fast ein Poet, fast ein Barde, fast ein Entertainer - doch nie aus Las Vegas und den pseudo-morbiden Heller-Kellern aus Wien, sondern aus der Nachbarschaft. Man könnte ihm auf dem Wochenmarkt begegnen und würde ihn nicht erkennen. Das ist Unterhaltung, wie sie im Jahre des Herrn 75 noch möglich ist und weder die Intellektuellen noch das berühmte Lieschen Müller langweilt. Herman van Veen - a man for all seasons. Ein Mann für jede Jahreszeit. Michael Jürgs |