Frankenberger Allgemeine
Heidi Niemann

Ohnmächtige Fröhlichkeit

Der holländische Sänger Hermann van Veen gastierte in der Kasseler Stadthalle

21 okt 1981

Ganz in Weiß gekleidet, die Hände mal lässig in der Hosentasche, mitklatschend oder zu weiten Gesten ausholend, doch' nie zur Faust geballt oder mit mahnend erhobenem Zeigefinger: Der holländische Entertainer Hermann van Veen präsentierte sich am Montagabend in der Stadthalle seinem Kasseler Publikum als der, wie man ihn seit jeher kennt - als singender, tanzender, schauspielernder Clown und Harlekin, als "legaler Imbeciler", wie er selbst verkündete.

Ein Clown will er sein, ein großes Kind, das das satte Erwachsenenpublikum zum Lachen bringen will, das verblüfft, und es doch ernst, wenn nicht gar bitterernst meint. Van Veen spielt mit seinen Zuhörern, treibt sie in eine ganz bestimmte Ecke, um schließlich diese vorschnell übernommene Ansicht wieder zu entlarven und ad absurdum zu führen.

Gegen Anpassung

"Hörst du nicht den Trommler in dir?", fragt er zu Beginn des Konzertes. Auf die eigene Stimme, das eigene Urteilsvermögen sollen seine Zuhörer bauen, nie- mands Knecht und niemands Herr sein. Er singt gegen die Anpassung, gegen die Verhärtung und Gleichgültigkeit, gegen die, die ihr "Mäntelchen mit Sorgfalt in den Wind" hängen.
Hermann van Veen braucht seinen Mantel nicht in den Wind zu hängen, im Gleichschritt zu marschieren - als spielender Harlekin hat er Narrenfreiheit. Er kann tanzen, springen, aus dem Publikum schnell eine Handtasche ergattern, Grimassen schneiden, lachende Miene zum bösen Spiel machen. Es nimmt ihm niemand übel, er ist ja "nur" ein Clown.

Clownschicksal

Doch es fühlt sich auch niemand wirklich getroffen, denn Hermann ist der liebe, nachdenkliche Unterhalter. Es gehört zum Clownschicksal, auf verlorenem Posten zu stehen. Das große Kind stellt sich der Erwachsenenwelt - "ein Heim ist das hier nicht", heißt es in einem Lied. So steht der ungeschminkte Clown auf der Bühne und trällert verloren und träumend vor sich hin. Er strahlt eine Ruhe aus, die nie einlullt. Er singt von seinem "zärtlichen Gefühl", doch es bleibt ein komisches Gefühl zurück, wenn er leise von den Bedrohungen und Gefährdungen spricht, düstere Visionen aufzeigt. Als sanfter Narr, der er ist, bleibt ihm nur sein Lachen; eine traurige, ohnmächtige Fröhlichkeit. So springt van Veen in seiner Verzweiflung in einen Käfig, klammert sich wie ein Affe hilflos an den Gitterstäben fest, um schließlich, nur mit einer Geige in der Hand, darin zu verharren - damit läßt sich das Gefängnis Welt ertragen. Van Veen präsentiert bekannte Lieder, die sorgfältig einstudierte Show bringt wenig Neues, es fehlt an Spontanität. Daß das begeisterte Publikum trotzdem hartnäckig Zugaben forderte, lag nicht zuletzt auch an den hervorragenden Arrangements, die Erik van der Wurff zusammengestellt hatte.

Gute Begleitung

Seine einfühlsame Begleitung an den Tasteninstrumenten ließ van Veen allen Spielraum und war doch mehr als nur Untermalung. Dazu leise und pointiert eingesetzte Baß- und Schlagzeugbegleitung ließen die altbekannten Lieder zu einem neuen Hörerlebnis werden, so daß der Verzicht auf van Veens bekannte Blasinstrumentbegleitung mehr als wettgemacht wurde.



Heidi Niemann