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Werner Rosenberger

Zärtlicher Tagträumer

21 apr 1986

Beim Entertainer Herman van Veen - noch bis Mittwoch live im Wiener Raimundtheater -läßt man sich immer auf ein Abenteuer ein. Das gilt für seine Kinderbücher ebenso wie für die Schallplatten und Shows. Kunst kommt bei dem Holländer nicht von Können, sondern vom Wagen, vom Sich-Einlassen auf Neues.


Geige spielt er wie ein swingender Zigeuner, singen kann er alles: Arien, tränenselige Liebeslieder, knorrige Songs, rostige Leierkastenweisen, die in den Scharnieren knirschen. Dazu weniger Obertöne klassischer Musik als Untertöne der Kleinkunst, vitale Chansons, anheimelnde Melodien.

Er tanzt auch. Nicht wie Nurejew. aber wie Gene Kelly. Er singt über Edith Piaf oder steht einfach nur da und wirft Konfetti in die Luft. Herman ist ein Tagträumer, der spielt und jongliert-mit Wörtern und mit Pingpongbällen.
Er gebärdet sich humorig, rätselhaft, zärtlich, verrückt, anarchisch, kindlich, zielt auf die schnellen Lacher, offeriert akrobatische Slapsticks der Art, auf die Kinder gern und heftig reagieren. Dazwischen spannt sich ein weiter Bogen aus Tanz, Spiel, Aphorismusweisheiten und blühendem Nonsens.

Ein Unterhaltungskünstler par excelience. Er geht virtuos mit den Showeffekten um, weiß treffsicher das Geflüster, den Schrei, die Pause, den Donner und das Licht einzusetzen. Der quirlige Clown liebt Träume und Wirklichkeiten, die er in einem heilvollen Durcheinander poetisiert. Man könnte fragen, was das alles soll. Unnötig.

Kinder fragt man nicht, Kinder dürfen selber fragen.



Werner Rosenberger