DER TAGESSPIEGEL
Carla Rhode

SONST NOCH AUF DER LEINWAND:

"Ich lieb' dich noch"

21 jan 1982

Auf der Bühne in seinen Einmann-Shows mag der holländische Entertainer Hermann van Veen sein Publikum faszinieren; seine große Fan-Gemeinde, die er auch bei uns besitzt und die auf seinen Deutschland-Tourneen die Säle füllt, läßt jedenfalls darauf schließen.


Im Film allerdings, für den er selbst das Drehbuch verfaßt und den er auch inszeniert hat, wirkt er eher matt und langweilig.
Zum großen Teil liegt das daran, daß seine rührselige Ehetrennungsgeschichte nicht mehr als ein platter Abklatsch aller möglichen Ehedramenvorbilder von Ingmar Bergman bis Robert Benton ist, ohne daß ein eigener Stil erkennbar wäre, zum anderen aber auch an dem recht simplen und gefühlsträchtigen Titelsong, dessen neun Strophen im Film in aller Breite und Länge an den entsprechenden dramaturgischen Angelpunkten erklingen: "Ich lieb' dich noch nach all der langen Zeit, ich lieb' dich noch. Wir machen es uns oft nicht leicht und doch - ich lieb' dich immer noch.".

Ein fades Lied mit unangenehmem Trend zum Kitsch.
Dabei wirkt der stets etwas verträumt und melancholisch aussehende Liedermacher durchaus nicht unsympathisch. Es hat sogar manchmal etwas Rührendes, wenn er in seiner filmischen Selbstdarstellung als gestreßter Künstler von Termin zu Termin hetzt und bei Frau und Söhnchen immer nur kurze Gastspiele geben kann. Doch der schnieke Rahmen, in dem sich das alles abspielt, mit repräsentativem Landhaus, adrett gekleideten Menschen und makellos gepflegtem Interieur läßt eine unnatürliche und keimfreie Atmosphäre entstehen, der man nicht im entferntesten entnehmen kann, daß da eine Familie auseinanderbricht.

Wenn sich Madame gelegentlich, mit dem Liebhaber telefonierend, auf dem weißen Sofa räkelt oder Vater und Sohn sich bei einer ihrer festgelegten Verabredungen im Zoo treffen, ist das eben nicht mehr als eine bunt- und glattlackierte Oberfläche, hinter der sich allerdings nichts, aber auch gar nichts verbirgt. Total danebengegangen ist auch van Veens wohl experimentell gemeinter Versuch, mit Rückblenden und Tagträumen die Geschichte noch um ein paar mögliche Geschehnisse zu erweitern; denn diese Szenen mit einer lang ausgespielten Vision vom Autounfall des Sohnes und dem nachfolgenden Begräbnis oder die kurze Begegnung mit dem Liebhaber der Frau bieten auch nichts weiter als Klischees.

(Filmbühne am Steinplatz, von morgen an)



Carla Rhode
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