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"Weil er Geld kriegt, mein Sohn"

19 nov 1974

Zum zweitenmal in diesem Jahr gastierte der Holländer Herman van Veen, Pantomimist, Chansonnier und Kabarettist im Schauspielhaus mit seinem deutschsprachigen Programm. Die Show entsprach bis auf unwesentliche Kleinigkeiten genau seiner ersten. Doch er tat recht daran, noch einmal das zu bieten, was schon einmal die Begeisterung des Publikums gefunden hatte.


Denn dieser Mann, der unzählige Möglichkeiten aufweist, sich dem Publikum zu präsentieren, ist in seiner differenzierten Vortragsart kaum vergleichbar. Ob er nun zweieinviertel Stunden sang, tanzte, Grimassen zog, marionet- tenhaft auf der Bühne einherstolzierte, lachte, schrie, Geige spielte oder ganz einfach nur dastand, er beeindruckte zu jeder Zeit.

Schon beim zweiten Stück gab es Szenenapplaus von einem durchweg konzentrierten Publikum, das dann beim Schlußbeifall kaum mehr zu bremsen war. Mit seinem gut eingespielten Ensemble bot er die perfekte Show, die trotz ihrer Perfektion noch Raum für Spontanität offen ließ.

Sein überragender Erfolg mag - abgesehen von seinen künstlerischen Qualitäten - auch darin liegen, daß seine Texte für jeden eine gewisse Bedeutung haben. ; Das kleine und spontane Glück erhebt van Veen zum Wesentlichen, das Wesentliche unserer Gesellschaft vertreibt er - zumindestend bis Konzertende. Die Kritik an unserer Zeit vermag er bitter, beißend-ironisch vorzubringen.

4 Auch die Distanz zu sich selbst verschafft er dem Publikum, fragt er doch: "Pappi, warum steht der Mann dort oben auf der Bühne? - Weil er Geld kriegt dafür, mein Sohn."



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