Süddeutsche Zeitung
Thomas Thieringer

Die Meinung des Kritikers

Seifenblasen

19 juli 1983

Der liebende Holländer (ARD/SWF) - An Gott glaubt er nicht, aber er spricht mit ihm; die Liebe ist für ihn ein chemischer Prozeß, der angenehmes Kitzeln im Bauch auslöst; den Tod fürchtet er nicht, weil er weiß, daß seine Erfahrungen bleiben; er glaubt hundertprozentig an das Gute, haßt den Zynismus, ist überzeugt, daß man zur Beseitigung des Übels auf dieser Welt sehr viel mehr machen kann, als die meisten annehmen, ein guter Mensch, dieser Clown und Musiker Herman van Veen?


Auf jeden Fall ist er, so wie ihn Wolfgang Turnier porträtierte, ein netter Kerl, ohne Eitelkeit engagiert, für die Musik, ob E oder U, für die Ärmsten der Armen in der Dritten Welt.
Ob für UNICEF oder seine eigene Stiftung "Colombine".
Veen singt seine sanften Lieder, mit denen er gegen die Bequemlichkeiten angeht, er befördert die Einzelgänger, um ihre Sache einem größeren Publikum bekannt zu machen. Das Schöne, so sagt er in diesem weniger kritischen, denn informativen Porträt, an seinem Beruf sei, daß das, was man mache, das Produkt, das Gespräch bestimme. Das Einlassen auf die Realität gerade draußen, wo das Elend groß ist, und das Showgeschäft sind für ihn keine Gegensätze.

Erfahrungen verändern nicht nur die eigene Mentalität. Er ist ein Anreger, der sich ausliefert und sich zurückhält; ein Sanfter, der nicht seicht ist; ein sympathischer Kerl, dieser Holländer Herman van Veen.

Wolfgang Turnier beobachtete ihn mit leiser Verehrung, ließ Freunde und Geförderte für ihn sprechen, um ein ermutigendes Vorbild zu schaffen. Deshalb wohl auch das überraschende abrupte Ende, das wie eine Seifenblase das Phänomen Herman van Veen zerplatzen ließ. Wie anders auch soll man ein Bild zustande bringen, wenn es schön zu werden verspricht und der, dem es gilt, noch lange nicht am Ende ist.



Thomas Thieringer