Saarbrucker Zeitung
Roman Länger

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19 mrz 1987

Die weltumspannende Erfolgskarriere des Hollanders HERMAN VAN VEEN widerlegt auf wunderbare Weise die gängigen Thesen vom billigen Massengeschmack. Der gerade 42 Jahre alt gewordene Sänger, Schriftsteller, Komödiant, Clown und Entertainer aus Utrecht braucht kein marktgängiges Stützkorsett, um seine hintersinnigen Botschaften zu verbreiten.


Es genügt die künstlerische Überzeugungskraft eines seit 20 Jahren öffentlich aktiven Humanisten. Allein mit seinen inzwischen 22 LPs und ungezählten Konzertgastspielen vermochte er, getragen von internationalem Charme und weltmännischer Gewandheit, seine kritisch kommentierten Alltagsbeschreibungen ehrlich und glaubhaft vorzutragen. Mit bedächtigen Balladen dringt er in die entlegensten Sphären unserer labyrinthischen Gefühlswelt vor.

Dabei unterstützt ihn eine mehr als seltene Gabe, die Tiefenschärfe des Augenblicks im Sucher zu fixieren und mit wunderschönen Worten und Versen zu verewigen. "Anne" (Polydor 831 648-1) macht da keine Ausnahme.

Musikalisch integriert der kreative Publikumsmagnet diesmal auch ein berühmtes Chanson von Jacques Brel ("Ich weiß"), einen Bowie-Pop-Welthit ("Der letzte Tanz") und mit dem Titelsong eine typische Melodie aus der Notenmappe von Hans Jürgen Büchners "Haindling". Er verurteilt - freilich ohne den erhobenen Zeigefinger - die vordergründige Flucht vor dem eigenen Gewissen und bietet jedem eine erfrischende Seelendusche, der die innere Bereitschaft aufbringt, sich auf seine von naiven Melodien umhüllten Gedankenspiele einzulassen.



Roman Länger