DARMSTAEDTER ECHO
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Telefongespräch mit Mutti

Das Center bebt: Herman van Veen erlöst sein Publikum

19. januar 1990

Zwei Tage hatte der „holländische Harlekin“ Herman van Veen im Kongreßsaal des Luisen-Centers ein ausverkauftes Haus. Und der Beifall rauschte ihm auf der Bühne entgegen, bevor er noch das erste Wort gesprochen hatte. Natürlich steigerte sich der Applaus, nachdem der Künstler mit verdeckten Augen am Mikrofon erst mal Luft geschnappt und dann das erlösende Wort gesprochen hatte: „Darmstadt!“


Über der Bühne pendelten glitzerdene Sterne, die Hintergrundkulisse warin hellem Lila ausgeleuchtet. Die Begleitcombo schlug zarte Töne an, das Debüt gab sich lyrisch. Herman van Veen geigte in einer romantischen Tonlage. Wie man aber später noch sehen sollte, kann er auch forsche Töne am Klavier anschlagen, das Ensemble van Veen und Musiker wurden zuweilen vom Tonmeister zu einem fortissimo possibile hochgejubelt, daß die Grundfesten des Centers bebten.

Kritiker hatten meist Mühe, die Aktivitäten Van Veens einzuordnen. Ist er Liedermacher, Clown, Geiger, Mime, Autor, Schauspieler, Komponist, Parodist? Er ist alles. Und das bereits, seit 1968 Holland seinen Herman van Veen entdeckte, nachdem er ein Musikstudium absolviert hatte. Zwei Jahre zuvor schon hatte das belgische Fernsehen ihn vorgestellt. Das Verblüffende: Er war sofort Spitze.

Seine Singstimme erinnert machmal an Jacques Brel, dessen „Chanson des vieux amants“ seit vielen Jahren zu van Veens Repertoire gehört. Doch einerlei, ob er die Besucher bei seinen Liedern zuhören läßt, ob sie einem Telefongespräch mit Mutti beiwohnen, oder seine verzweifelten Bemühungen um die Gunst von zwei Straßenmädchen heimlich bejammern, Herrman van Veen ist nie der Kabarettist, der andere durch den Kakao zieht. Er selber ist Mittelpunkt, ein beharrlicher Romantiker, mal lustvoll dahinschmelzend, mal verstohlen um ein Tränentröpfchen bemüht.

Und so liegt denn sein Repertoire zwischen dem - trotz allem freundlichen - Donnerwetter und der zarten, piepsigen Mausestimme, die mit aller Kraft eines unscheinbaren pianissimo um Hilfe ruft.



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