Rheinische Post
MAJO MÜLLER-IN DER AU

Ausverkaufte Festhalle bei Herman van Veens Gastspiel

Mit einer Spur Melancholie

18 okt 1985

Viersen — Wie die Kinder einst dem Rattenfänger von Hameln nachliefen, so strömten jetzt die Fans zu Herman van Veen aus Holland. Die Festhalle hätte zweimal ausverkauft werden können. Der Allround-Künstler, der übrigens vor zehn Jahren schon einmal in Viersen war, hat längst eine treue Anhängerschar und gewinnt immer wieder neue Freunde hinzu. So war es auch bei diesem Gastspielabend.


Herman van Veen hat einmal geschrieben: „Mein Leben ist Musik machen und singen, tanzen und erzählen.” Genau das spürt man, wenn er auf der Bühne steht. Da quillt ihm sofort die Sympathie des Publikums entgegen, da springt der zündende Funke augenblicklich über die Rampe. So gut seine Schallplatten und Fernsehauftritte auch sind, erst das Live-Erlebnis läßt das große Können dieses 40jährigen ganz erfassen. Das beginnt schon bei seinem Auftritt mit einem Violin-Solo, bei dem vor ihm ein großer weißer Teddybär hockt.

Und dann breitet er seine ganze künstlerische Palette aus, drei Stunden mit vorprogrammierten Zugaben vergehen wie, im Fluge. Was dieser Mann in seinem totalen Einsatz, in dem nichts geschludert oder kaschiert ist, schon rein physisch leistet, ist bewundernswert. Viele seiner Texte, die von der Gegenwart bis zu Walther von der Vogelweide reichen, hat er selbst geschrieben, so wie auch ein großer Teil Kompositionen von ihm stammt.

Sein Vortrag ist klug dosiert. Er singt spricht, flüstert, schreit plötzlich auf, den noch sind seine Töne meistens leise, auch die der Texte. Darin kritisiert er menschliches Verhalten, Politik, Unbehagliches stellt Fragen zu Gott und zum Tod. Jedesmal legt er den Finger in die Wunde, doch nie mit Härte. Alles trägt eine Spur von Melancholie, wirkt wie eine traurig machende Feststellung und rührt gerade deshalp stark an. Immer wieder spürt man dabei seine Liebe zu Kindern und Sorge um ihr Wohlergehen. Veen ist Goodwill-Botschafter für Unicef und Mitgründer der Entwicklungs-Organisation „Colombine”.

Hervorragend an diesem Abend aber auch die Band mit Synthesizern, Saxophon, Klarinette, Akkordeon und Gitarren. Manchmal allerdings dröhnte es ein bißschen zu laut durch die riesige Lautsprecheranlage.
Ebenfalls große Wirkung erzielte die Lichtregie mit wallenden Nebeln und platzenden Raketen. Daß dieses Gastspiel vom ersten Auftritt bis zum endgültigen Abschied beifallumrauscht war, konnte man voraussehen. Am Anfang sagte Herman Veen „Mit 40 soll man in sich gehen und nie mehr zurückkommen.”
Da kann man nur antworten: „Bitte nicht, die Fans würden ihren Herman mit Sicherheit umgebend zurückholen.”



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