RHEINISCHE POST
DIETER DORMANN

Herman van Veen gastiert elfmal in der Tonhalle

Der Hofnarr mit Spiegel

18. Januar 1993

„Seit über 20 Jahren spiele ich nun hier. In diesem Jahr sogar elfmal.” Herman van Veen wunderte sich gegen Ende seiner Premiere in der Düsseldorfer Tonhalle nicht nur über diese Rekordzahl. Viele Gesichter wollte der Sänger, Tänzer, Musiker, Pantomime, Kabarettist, Clown und Hofnarr - so charakterisiert sich der 47jährige selbst — im Publikum wiedererkannt haben. „Deine Haarfarbe ist anders”, stellte er bei einer Zuhörerin in der ersten Reihe fest. Daß sich auch van Veen und seine Show veränderten, hatten die Fans schon bald gemerkt.


Vieles war einfacher, bescheidener geworden. Als Bühnenbild genügten ein großer Luftballon, ein Kleiderständer, ein Koffer, ein rieseiger Telephonhörer, eine Musicbox aus den 50er Jahren. Einfühlsam und perfekt begleitet wurde van Veen nur durch seine langjährigen Weggefährten Erik van der Wurff (Klavier und Synthesizer) sowie Nard Reijnders (Saxophon, Klarinette und Akkordeon).

Herman van Veen selbst ist härter geworden — genauso wie die Zeiten. Bei seiner Reise durch das „Grand Hotel Deutschland” hielt der Hofnarr seinem Publikum den Spiegel vor. Der Rundum-Blick reichte von A wie AIDS bis Z wie Zigeunerhatz. Themen, die Angst machen. Doch gerade das — die Wahrnehmung der Angst als „normaler Reaktion” — ist eins der Ziele des Niederländers. Andernfalls regiere die Angst den Menschen, mache ihn hart und verhindere ein Miteinander, sagt van Veen.

Daß der Hofnarr — zumindest im ersten Teil des Konzerts — sein Publikum nicht völlig in seinen Bann ziehen konnte, lag weniger an ihm selbst als vielmehr am Knistern der Lautsprecher. Den Künstler schien es zu lähmen, dem Publikum machte es das Zuhören schwer. Entsprechend kündigte er die Unterbrechung an: „Wir machen jetzt 20 Minuten Pause.
In der Zeit reparieren wir dieses abscheuliche Geräusch, ich nehme eine Dusche und dann singe ich frisch und sauber weiter.”

So war’s. Das „Knistern” blieb weg, van Veen wirkte gelöster, sein Publikum lauschte gebannt. Der Niederländer spielte mit seiner Stimme („Spatzen”), tanzte wie eine Feder über die Bühne, lieferte Situationskomik am laufenden Band („Haarprobleme”) — und legte den Finger immer wieder in die Wunde, daß dem Publikum mancher Lacher im Halse stecken blieb.

Als ganz „der Alte” zeigte sich van Veen, indem er mit Zugaben nicht geizte. Da trat auch wieder der „sanfte Herman” ins Licht. Nicht nur, als er sein Lieblingslied sang:



„Ich hab’ ein zärtliches Gefühl
für jeden Menschen,
wenn er nur vollkommen wehrlos lieben kann
- Düsseldorf, denk dran.”





DIETER DORMANN