Aachener Nachrichten
CHRISTIANE ROBERTZ

Herman van Veen umjubelt

Der Entertainer in Aachen

17 nov 1981

AACHEN. - Ein riesiges Gitter auf der Bühne und ein weißgekleideter Clown, der es erklimmt - ein pantomimischer Höhepunkt dieses großartigen Abends. Vor ausverkauftem Haus gastierte Herman van Veen im Aachener Eurogress.


Der sympathische Holländer hat sich nicht nur mit seinen Liedern einen Namen gemacht. In seiner Heimat betreibt er gemeinsam mit Laurens van Rooyen eine Organisation mit „Factorv“ Charakter für multimediale Produktionen, also für Theater, Schallplatten, Filme Fernsehen, Bücher und Zeitschriften - wovon die bekannteste die Kulturzeitschrift „Harlekyn“ ist. Er nennt sich Entertainer, und er ist nicht nur Pantomime, Sänger und Tänzer, er ist auch ein Poet.

Es gibt kaum eine Gegebenheit unserer Zeit, die nicht Eingang findet in seine Texte. Van Veen besingt Aussteiger, Rassisten. Mütter und falsche Propheten, Hoffnungslose und Leisetreter. Er macht nichts schöner und bewegt sich doch nicht in immer gleichen Klischees, sondern zeigte andere Aspekte wie zum Drogen-Thema in dem Stück „Nicht allein“. Er besingt das Herz („Der Trommler”), damit dieses die Welt regiere, und einen Blues nutzt er zur Persi--flage alles Seichten und Narzistischen. Doch scheint bei aller Anklage sein fröhlicher Optimismus durch. „Die Anziehungskraft der Erde“, und damit der Wunsch, es immer wieder zu versuchen. Antworten geben will er keine und er tut es auch nicht allein die Botschaft, nicht alles hinzunehmen, trägt er vor.

Sein „Normalsein“ macht es den Zuhörern leicht, sich mit seinen Gedanken zu identifizieren; Politik ist das, was in seiner Nähe machbar ist, und seine Liebe zu der eigenen Unvollkommenheit vermittelt Solidarität.
Auch in Aachen suchte van Veen eine enge Verbindung zum Publikum herzustellen: Er springt durch die Stuhlreihen, er kommt aus den Reihen der Zuschauer auf die Bühne, er will einer'von ihhen sein. Man glaubt diesem Herman van Veen einfach, was er sagt, und dies wie die Nähe zum Publikum machen seine Konzerte zu einem Erlebnis.

Van Veen singt zu der sachten Musik eines Trios, das sich geschickt und mit wenig elektronischen Effekten ganz dem Text in den Dienst stellt. Das musikalische Material wechselt mit der Art der Aussage: Zartes Klavier-Impromptu, rockige Elemente, knalliger Rock ,n‘ Roll und liedhafte Begleitung (für seine typische Wehmut). Die Band ist ein eingespieltes Team, perfekt, aber sehr zurückhaltend.
Neben Schlagzeuger Henk Zomer und Bassist Cees van der Laarse spielte Eric van der Wurff ganz hervorragend Tasteninstrumente. Eine ganze Reihe der Kompositionen tragen seine Handschrift.

Nach fast drei Stunden fiel es den begeist-gerten Zuschauern trotz etlicher Zugaben schwer, sich von dem Holländer zu verabschieden.

Ein Trost: Im Februar kommt er wieder nach Aachen.



CHRISTIANE ROBERTZ