Höxtersche Zeitung
Harald Iding

Insel der Träume mit viel Gefühl vom Himmel geholt

17. September 1993

Beverungen.
Schwarzer Regenschirm, nach oben geklappt, weiße glänzende Schuhe und ein kumpelhaftes Lächeln, auf das besonders die Kinder inmitten der 900 Zuschauer in der Stadthalle reagierten. Lebenskünstler, Clown, Musiker, Sänger und Komponist - eben der Tausendsassa aus den Niederlanden, machte für zwei Tage Halt in Beverungen: Herman van Veen! Wie seine vielen Film- und Ballettmusiken, Kinderbücher oder auch Drehbücher für Fernsehserien - der vor 48 Jahren in Utrecht geborene Herman van Veen schaffte es wieder mit Ideenreichtum, in der Weserstadt die Menschen vor der Bühne auf seinen Teppich zu ziehen - auf einen fliegenden, traumhaft schön.



Schon seit 20 Jahren komme ich nach Beverungen. Ihr seid so toll hier, da habe ich Lust, auch noch in den nächsten 40 Jahren bei euch aufzutreten. Dann wäre ich genau 70 Jahre alt!« Herman van Veen beliebte zu scherzen, wie so oft, aber auf seine Art, die ihn so einzig, nicht artig macht - und die das Publikum so liebt. Wenn er seine sozialkritischen Lieder präsentiert (»Maria und Josef waren auch nur Flüchtlinge«), gefühlvolle Balladen aus dem reichhaltigen Musikkoffer zaubert, dann schafft er es immer wieder, im nächsten Augenblick die Menschen zu erschrecken, wächzu-rütteln, sie empfindsam zu machen für die kleinen Dinge im Leben, die, so van Veen, oft von großer Tragweite sein können. »

»Ich hab’ ein zärtliches Gefühl«, das war seine erste deutsche LP, die 1973 auf den Markt kam. Dieser Klassiker durfte natürlich auch bei den beiden Konzerten in Beverungen nicht fehlen - insgesamt bereits Auftritt Nummer acht und neun in Beverungen für Herman van Veen. Zusammen mit Eric van der Wurff (Klavier und Synthesizer) und Nard Reijnders (Sax, Klarinette und Akkordeon) nahm er seine Fangemeinde in der Stadthalle an die Hand und führte sie durch das Land der Träume, ohne die Wirklichkeit zu vergessen.

Als Clown mit dicker roter Nase tänzelte er über die Bühne, zauberte auf einmal Bälle und (Stoff-) Hasen in seinen Hut, spielte den »coolen Macho«, der die Frauen mit seinen entblößten Knien beim Lied »My way« reihenweise in Ohnmacht fallen läßt - es gibt kaum etwas, was dieser Künstler aus dem Land der Mühlen nicht aufgreifen, komisch verpacken und unterhaltsam parodieren kann.

Um Punkt 20 Uhr kletterte Herman van Veen am Mittwoch im schwarzen Anzug auf die Bühne, von 21.10 Uhr bis 21.30 Uhr machte er mit schweißglänzender Halbglatze Pause (»Dann komme ich frisch geduscht und gekämmt zurück«), dann noch einmal bis 22.30 Uhr. Aber das war nicht alles, die großen und kleinen Fans wollten ihn nicht gehen lassen: Mehr als eine halbe Stunde lang gab er Zugaben, verabschiedete sich immer wieder mit dem Schirm in Richtung Ausgang, trat aber Minuten später unter großem Beifall der Zuhörer erneut auf die Bühne.

Schließlich, als viele schon in Richtung Parkplatz unterwegs waren, kehrte er in weißer Jeans und Hemd zurück, um sich bei Volker Faltin von der Kulturgemeinschaft Beverungen für die Einladung zu bedanken.

Herman van Veen in Beverungen, das war eine aufregende Reise - also bis zum nächsten Ticket!



Harald Iding