Abendzeitung
Karl Foster

Zauberer für den Frieden

16 nov 1985

Ein Zauberer tritt auf. Er läßt im Deutschen Theater die Schießscharten unter den Baikonen verschwinden; er zaubert das Premieren-publikum weg und ein Gefühl herbei voll Fröhlichkeit und Glück -wenn’s da nicht Südamerika, Südafrika, Afghanistan gäbe. Daran scheitert der Zauberer, er gibt es zu und ist traurig. Der Zauberer heißt Herman van Veen (noch bis 23. November).


Herman van Veen ist, wie alle guten Zauberer, zuerst mal ein guter Handwerker. Er führt sein Publikum (ein paar lachen noch, als er sagt, daß das Wort .Apartheid“ aus seiner Muttersprache, dem Holländischen, stammt) behutsam und mit leisen Liedern hin zu sich. Herman van Veen ist gottlos, aber fromm, er träumt, aber von der Wirklichkeit, er singt Schubert zum Synthesizer und dirigiert Mozart vom Band. Er ist Narr, Klabautermann und Boris Becker (ja, wirklich! Spiel, Satz und Sieg!), singt von Nutten, die die Beine breit machen müssen und von der Ente Jödocus Quak.

Er trägt Frack zur Turnhose und wirkt doch nie lächerlich. Das ist, irgendwie, sein Geheimnis. Jeder spürt: Dieser Mann ist ein ernster Mann, auch mit der Clown-Nase im Gesicht (oder auf der Stirn). Und wenn dieser Mann von sowjetischen Spielzeugbomben erzählt, die in Kinderhänden explodieren, wenn er sagt „El Salvador“ oder „Südafrika“, dann ist’s als bete der Saal für Frieden.

Man müßte, meint der naive Mensch in der siebten Reihe, eine Schallplatte dieses Mannes an den hohen Herrn nach Washington schikken, eine an den hohen Herrn nach Moskau, eine vielleicht nach Bonn ...



Karl Forster