THUERINGISCHE LANDESZEITU

Ausnahmeerscheinung mit Geist und leisen Tönen

16. okt 1993

Hermann van Veens Album „Ja“ zeigt Scharfsinn und Poesie

Weimar (tlz). „Wir Menschen“, spottete der es gibt sie noch, die Schwalben, wenn auch 79jährige Zukunftsforscher Robert Jungk un- zunehmend weniger. Zum Beispiel Herman längst in einem Interview, „brauchen Nachhil- van Veen, 48: Seit 25 Jahren nimmt der hol-feunterricht in Phantasie. Wir handeln im ländische Komponist, Texter, Sänger, Clown, Schneckentempo. Für das Überleben der Geiger, Mime, Autor und Parodist uns mit auf Menschheit brauchen wir Schwalben, die sich seinen Flug wider den Zeitgeist. Auch auf sei-schneller bewegen und höher fliegen. “ Doch nem Album mit dem schlichten Titel „Ja“.



Charmant,’ sensibel und zweifelnd, aber nie verzweifelt, ironisch, aber nie populistisch klingen die elf Titel des Werkes. Voller Scharfsinn und Poesie präsentiert sich Herman van Veens „Ja“.
Seit der häßliche Deutsche in Hoyerswerda, Mölln oder anderswo sein coming out hatte und die multimediale Einöde uns täglich das Erlebnis unermeßlicher Leere vermittelt, ist ein charismatischer Paradiesvogel wie van Veen wichtiger denn je.

Wo nimmt der unbeugsame Künstler bloß seine Zuversicht her, daß - wie Autor und Sänger Heinz Rudolf Kunze einmal seinen Freund und Kollegen trefflich beschrieb - „der Weltlauf trotz allem beherschbar ist? Das unser heillos verspieltes Geschick noch die Märchenkurve kriegt?“ Wohl deshalb, weil van Veen das Lachen nicht verlernt hat. Wo andere sich rückhaltlos auf Themen stürzen, schöpft van Veen mit elementarer Kraft und Kunstfertigkeit Melodien, die seine Welt großartig und bescheiden besingen. „Ein Lied“, weiß er, „kann die Welt nicht verändern. Aber es verändert das Timbre einer Gesellschaft Deshalb ist die Kultur von elementarer Bedeutung.“ Jetzt, da in Deutschland dunkelhäutige Menschen mit ängstlichen Gesichtem herumlaufen, der braune Mob mit Steinen Asylbewerberheime sturmreif schießt und brave Bürger dazu Beifall klatschen, kommt van Veen gerade recht.

Bei jedem Schritt entfaltet van Veen Witz, Geist, Ironie, Herzlichkeit und Grazie. Wohlklang gerät nie zum Singsang -er kennt die Gefahren, die in der populären Melodie und im regelmäßigen Strophenaufbau lauem. Fesselnd die musikalische Aufbereitung des Albums, hervorragend die deutschen Text-Übersetzungen von Thomas Woitkewitsch und die Verse von Heinz Rudolf Kunze. Worte und Musik verbinden sich zu einem geschlossenen Ganzen.

„In den Zeiten der zunehmenden Bildschirm- und Trommelfellverschmutzungen“, sinniert van Veens Übersetzer Woitkewitsch, „ist van Veen mit seinen leisen Tönen eine Ausnahmeerscheinung.“ Und so ist "Ja“ ein Studioalbum, das man nur "volkommen wehrlos lieben kann.