OFFENBACH POST
Joachim Schreiner

Hierher und weiter

Holländer van Veen ist allzu vielseitig

16. Februar 1989

Er ist wieder da. Nach dreijähriger Bühnenabstinenz in der Bundesrepublik absolviert der niederländische Sänger, Musiker und Schauspieler Hermann van Veen zur Zeit eine Mammut-Tournee. Am Dienstag- und Mittwochabend gastierte er in der Alten Oper vor ausverkauftem Saal.


Zweifelsohne ist der Holländer ein Multitalent, wenn es um anspruchsvolle Unterhaltung geht Die Geschichten von seinem Leben, seinen Lieben und seinen (Alp-)Träumen illustriert er tänzerisch, pantomimisch und sich audio-visueller Medien bedienend. „Bis hierher und weiter“ ist der programmatische Titel van Veens aktueller Darbietung. Ein selbst-auferlegtes Ziel also, sein künstlerisches Potential auszuweiten, zu verbessern. Und genau da liegt’s im Argen. Weder musikalisch noch textlich gelang es dem Protagonisten, einen Gedanken zu Ende zu führen.

Sicherlich verlangte van Veen schon immer seinem Zuhörer/Zu-schauer ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Phantasie ab, um Einblick in seine poetischen Visionen nehmen zu können. Sein aktuelles Programm jedoch überfordert. Ein gewaltiges Spektakel, ein musikalischer Mummenschanz wird da inszeniert, nach dem Motto: Höher, weiter, größer. Hier noch ein Griff in die Requisitenkiste, dort noch ein paar optische Effekte - zuviel.

Was den Abend rettete, war der unwiderstehliche Charme, den der sensible Künstler in all seinem Tun ausstrahlte und Kollegen Georges Moustaki mit Charakterisierungen wie „Singender Mime“ und „Tanzender Harlekin“ attribuieren ließ.

Am überzeugendsten war van Veen dann auch, als er seine Lieder „ungeschminkt“ zu Gehör brachte: im Zugabenteil.



Joachim Schreiner