, Bergische Landeszeitung

Ansingen gegen Steine

ln Köln begann das Liedermacher-Festival mit Hermann van Veen

15 mrt 1982

Köln. Seine Gedanken sind so scharf auf den Punkt geschliffen wie seine Pantomimen, Clownerien, die Hermann van Veens Liedern erst zu atemlosen, knisterndem Leben verhelfen und manchen matten Reim vergessen lassen. Die dynamischen Botschaften des quirligen holländischen Multi- Talents ließen bei der Eröffnung des Liedermacher-Festivals im berstend vollen Schauspielhaus in Köln die Zuschauer wie hyptnotisiert zurück. Eine Lawine von Zugaben war die Quittung für den um sich greifenden Enthusiasmus.


Van Veen singt von der zur Langeweile verkommenen Liebe auf der Schlafcouch, vom Ende einer Beziehung, vom bittern Schicksal einer Drogenabhängigen, von der Versteinerung der Menschen. Er verabscheut die ewigen Ja-Sager, und vor allem verabscheut er Gewalt und Krieg, und läßt mit gewaltigen, elektronischen Maschinengewehrgarben die Zuschauer zur Mahnung in ihren Sitzen zusammenzucken. Manches wirkt wie Konfektionsware, riecht ein bißchen nach Show um ihrer selbst willen, anderes geht unter die Haut, macht frösteln.

Eigentlich ist er ein leiser Botschafter, für die Kinder (als Kinderbotschafter der Unicef) wie für die Erwachsenen. Doch mögen in seinen Kinderliedern die zarten Töne anrühren, wie beim "Fratz auf dem Kinderrad" oder seiner "Ente", so stellen sich die Texte für die Altersgenossen des 37jährigen etutas anders dar. Hier erscheint vieles etwas seicht. Manche Lieder schleichen sich etwas mühsam an der Schlager- Kante entlang, Melodik und Harmonik wiederholen sich zu häufig in den Grundvarianten, mancher Text holpert.

Nicht alle Texte, wohlgemerkt "Michelangelos Skulpturen,sagte er, hätten einzig und allein von überflüssigem Stein befreit werden müssen", eine Parabel auf die Versteinerung der Menschen, besitzt wie manch anderer Text auch feinen Schliff, literarische Qualität.
Eigentümlich, wie unterschiedlich diese Lieder sind, wie man von hohem Anspruch unvermittelt ins Banale stürzt.

Sein verschleifender holländischer Akzent unterstreicht das Sanfte mancher Aussage und dennoch wird van Veen erst so richtig mitreißend, wenn er von Wut und Angst singt, wenn er parodistisch und clownesk mit dem facettenreichen Spiel seines ganzen Körpers von der üblen Macht und Willkür der Diktatoren singt - um dann schließlich noch eine Parodie auf einen Rock-Star zu bieten, "The Show must go on".


Dennoch: Trotz Glätte und Oberflächenpolitur, der andere Herman van Veen ist auch nicht weit. ^



K^NÄffe BACH