Rhein-Neckar-Zeitung Jen |
| 14 apr 1984 |
Gut zwei Jahre ist es her, daß der holländische Sänger, Poet und Komponist Herman van Veen zum letztenmal in Deutschland auf Konzertreise war. Nun ist er endlich wieder unterwegs mit einer Mammuttournee, bei der er allein in Hamburg sechsmal, in Hannover viermal und im Rhein-Neckar-Raum gleich zweimal gastierte. Im Mannheimer Rosengarten machte er den Auftakt zu seinem hiesigen Gastspiel, das er jetzt in der Heidelberger Stadthalle fortsetzte. Zwischendurch präsentierte er sich zwei Wochen in Paris und gab noch eine Reihe von Benifiz-konzerten in New York für die "Unicef". Herman van Veen, das ist nicht nur ein selten ruhiger und einfühlsamer, das ist auch ein ungemein fleißiger und aufopfernder Künstler, vor allem wenn es um einen guten Zweck geht. Und so ist es bei seinen Konzerten vor allem auch seine Glaubwürdigkeit, die so beeindruckt. Mit dem Titellied seiner neuesten Platte fordert er das, was er selber zu geben bereit ist. Er singt von der Mutter in Südamerika, die schon seit Jahren ihren verschwundenen Sohn sucht, von jenen, die unter den Rassengesetzen in Südafrika zu leiden haben, und von den "Familien in Ost und West, die man nicht zu einander läßt". Und Provokativ, nein: bekümmert stellt er die Frage: .... ist uns das heute schon egal? - Gebt jetzt ein Zeichen, ein Signal, daß Beharrlichkeit doch zum Ziele führt und daß ihr Schicksal uns berührt. " Hermann van Veen ist ehrlich berührt von diesen Ungerechtigkeiten unserer Welt. So ist er mehr als "nur" Künstler, ist auch Menschenrechtler und Bittsteller für einen humaneren Umgang miteinander, sei es im großen politischen Rahmen oder im kleinen privaten Bereich. Herman van Veen zeigt in seinen Liedern, daß er den Blick für die richtigen Perspektiven nicht verloren hat. Auch die ganz leisen und imbemerkt stattfindenden Ungerechtigkeiten lösen bei ihm Betroffenheit aus. So fragt er in seinem Lied "Wer" einen Menschen: "Wer machte deine klaren Augen blind, wer trieb mit dir ein böses Spiel, wer tötete das unbeschwerte Kind, das immer aufstand, wenn es fiel?" Van Veen ist kein Strafprediger, der mit hocherhobenem Zeigefinger auf die wartende Menge zugeht. In seinen Liedern artikuliert er nur seinen Wunsch nach mehr Toleranz, Liebe, Geduld und dem Bemühen nach mehr Harmonie. Daß es ein ewiges Streben sein wird, verhehlt er nicht, aber der Versuch, dies zu erreichen, sollte wenigstens gemacht werden, meint er. Der Holländer, der sich so mutig auf die deutschen Bühnen wagt, ist aber nicht nur Sänger, er ist auch Kabarettist und Harlekin. Seine kleinen Inszenierungen waren seit jeher von einer sonderbaren Eigenwilligkeit. Da paart sich immer wieder herbe Kritik mit scheinbar leichtfüßigem Amüsement, und der ebenso vergnügt wie nachdenklich gestimmte Zuschauer kommt aus dem Staunen im Wechselbad der Präsentationen nicht heraus. Herman van Veens mimische Fähigkeiten, sein Talent, sich in andere Gemüter hineinzuversetzen und ihre Empfindungen widerzuspiegeln, sind von unbestritten hoher Qualität. Das Publikum in Mannheim wie in Heidelberg war von Herman van Veen begeistert. Ganz besonderen Beifall erntete er für eine überaus feinfühlige Vertonung des Kästner- Gedichtes "Sachliche Romanze", das durch diese musikalische Interpretation wohl zu : neuem Ruhm kommen wird. Das hätte ge- , trost auch einem deutschen Musiker mal einfallen können. Vor wenigen Jahren veröffentlichte Herman van Veen seine LP "Solange der Vorrat , reicht". Herman van Veens Vorrat dürfte noch lange reichen. Jen |