Neue Presse Monika Hahn |
Herman van Veen im Theater am Aegi
| 14 mrt 1984 |
Moment mal - eben noch der Melancholieblick, als wolle er die ganze Welt mit seinen Tränen überschwemmen, dann der blonde Blick, der signalisiert: alles wieder bestens. Danach das mit der Bombe, die nie fallen wird und der daraus resultierenden Verunsicherung für die Menschheit (beste Satire), um gleich darauf bloß noch Quatschmacher zu sein. Und dann auch noch das: Spermy Hermy geht mit seiner Gestik Gossi. Da nimmt man unweigerlich emphatische Wechselbäder. Herman van Veen am Dienstag im Aegi -zwischen Grock und Otto. Die Euphorie über den Menschenclown mit Sinn im Unsinn (wie der das wieder hinkriegt, mit den paar Gesten, den paar Worten) säuft abrupt ab (weil der plötzlich ganz plakativ Schwulis spielt). Das ist pure Lachnummer, bringt dennoch im Publikum das inzwischen zuverlässige Einverständnis, mit dem van Veen rechnen kann. Da wird munter mitgeklatscht bei Marschmusik - so lange das noch funktioniert, sollen die sich nicht über Pershings und SS 20 aufregen! Dabei kann dieser Herman so entwaffnend sein, wenn er ganze Armeen mit klassischer Musik entwaffnen will. Naivität oder Genius -das ist hier die Frage. Klischees hat dieser großartige Künstler nicht nötig. Schon allein nur seine wunderschöne, klare Stimme ist zum Steinerweichen. Und bei ihm kann man furchtbar lachen, obschon es manchmal gar nicht lustig ist, was er da zusammenphilosophiert. Herman, das war diesmal die Gratwanderung zwischen Kunst und Klamauk. Kunst selbst da, wo er diese lächerlichen Stöckelschuhe und das knallrote Ohrgehänge vergessen macht, weil er ganz schlicht singt: „Ich lieb dich noch“; oder wenn sich die Clownsmasken in seinen Augen widerspiegeln. Vor allem: Gerade der leise van Veen ist der Laute, Kinkerlitzchen hat er nun weißgott nicnt nötig. Wie schrieb Tucholsky: Lassassein. Laß es also sein, Herman! Monika Hahn |