Der Musikmarkt

Vorschneller Etikettierung kann Herman van Veen sich auch mit neuer LP entziehen

14 feb 1985

Herman van Veen -„Auf dem Weg zu dir“ (LP: 825 736-1; MC: 825 736-4; CD: 825 736-2 Polydor/DGG)

Die Beschreibungen, mit denen in den letzten Jahren versucht wurde, Herman van Veen in eine bestimmte Schublade einzuordnen, sind ebenso zahlreich wie seine künstlerischen Facetten vielseitig. „Auf dem Weg zu dir“, das neue Album des Holländers, dürfte das Etikettierungsproblem ebenfalls nicht lösen, denn van Veen ist in der Kombination seiner Talente, seiner Musikalität, künstlerischen Sensibilität und seiner Popularität kaum beschreibbar.


Hieß es im letzten Jahr schon, es sei ein Van-Veen-Jahr, so gilt das eigentlich auch für 1985. Im Januar triumphierte das Multitalent mit seiner Crew in ausverkauften Vorstellungen im Pariser Theätre de la ville, und Anfang April stellte er in Hamburg einem Kreis von Medienexperten die neue LP, „Auf dem Weg zu dir“, vor.

Inhaltlich reicht die Produktion von den aktuellen Fragen der Vergangen-heits(un)bewältigung und Jugendarbeitslosigkeit bis zu weniger schlagzeilenträchtigen Themen wie „Menschen im Hotel“, „Jahrmarkt“ oder im langen Titelstück.

Musikalisch ist die stilistische Bandbreite nicht minder eindrucksvoll.
Ein Blues ist dabei, rockige Akzente wechseln mit Musette-Klängen, und bevor das Album mit Marschtakten schließt, hat sich ein angenehmes Gleichgewicht zwischen treibenden und besinnlichen Rhythmen und Klängen eingestellt.

Unter den Komponisten finden sich neben Herman van Veen auch Roger Waters von Pink Floyd, der Moustaki „Maßschneider“ Manos Hadjidakis, der Klassiker Frederic Chopin, und -um das Maß des Ungewöhnlichen voll zu machen - sogar eine Kirchenmelodie setzt Zeichen „Auf dem Weg zu dir“.

Besinnliches und Amüsantes, Öffentliches und Privates verbinden sich auf dem Album zu einer Mischung, die nicht nur im Bereich der Liedermacher neue Maßstäbe setzen könnte.
Denn auf die Frage, ob Unterhaltung auch Kunst oder ob Kunst auch unterhaltend sein kann, weiß Herman van Veen einmal mehr eine überzeugende Antwort.